Großbritannien:Harter Austritt erwünscht

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Die Tories sind in der Frage, welchen Brexit das Land zu welchem Preis will, gespalten. Mehrere Hardliner wollen beim Brexit überhaupt nichts an die EU zahlen. Mit ihrer Linie gefährden sie die Machtbasis von Premierministerin May.

Von Daniel Brössler und Christian Zaschke, London/Brüssel

Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich Peter Bone zu Wort melden würde. Der 64 Jahre alte konservative Politiker zählt zu den Hardlinern unter den Brexit-Befürwortern seiner Partei; wann immer sich abzeichnet, dass die Briten in den Austrittsverhandlungen mit Brüssel auch nur den kleinsten Kompromiss eingehen könnten, ist er mit einer scharfen Wortmeldung zur Stelle. Nachdem der Daily Telegraph berichtet hatte, dass die britischen Unterhändler womöglich bereit seien, eine Abschlusszahlung von umgerechnet 40 Milliarden Euro an die EU zu überweisen, wetterte Bone erwartungsgemäß am Montag, es sei "vollkommen bizarr", dass Großbritannien überhaupt Geld an Brüssel zahlen solle. Ein solches Vorhaben, drohte er, werde im Parlament scheitern.

Diese Drohung ist durchaus substantiell, da eine nicht unerhebliche Gruppe von Tories ebenso denkt wie Bone - zudem steht Premierministerin Theresa May einer Minderheitsregierung vor, die nur mithilfe der erzkonservativen nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) auf eine Mehrheit kommt. Dass die ideologisch motivierten unter den konservativen EU-Gegnern nicht das kleinste Problem damit haben, sich gegebenenfalls gegen die eigene Fraktion zu stellen, hat schon Mays Vorgänger David Cameron mehrmals erfahren müssen. Die Europaskeptiker piesackten ihn, wo immer sie konnten und brachten ihn so letztlich dazu, das Referendum über die EU-Mitgliedschaft überhaupt anzuberaumen. Schützenhilfe erhielt Bone am Montag von seinem Parteifreund Jacob Rees-Mogg, der mitteilte, es sei unlogisch, dass Großbritannien 40 Milliarden Euro zahlen solle, denn rein rechtlich betrachtet schulde man Brüssel nichts.

Brüssel beharrt darauf: Eingegangene Verpflichtungen sind einzuhalten

Das sieht die EU vollkommen anders. Bereits im Juni hat die EU-Kommission ein Positionspapier über die "grundlegenden Prinzipien einer finanziellen Einigung" vorgelegt. Das Hauptprinzip: Einmal eingegangene Verpflichtungen müssten respektiert werden. Wenn die EU sich also mit Zustimmung Großbritanniens beispielsweise zur Finanzierung einer Straße in Rumänien verpflichtet hat, soll London seinen Teil der Rechnung auch nach dem Brexit begleichen müssen. Dies gilt auch für die Pensionen der EU-Beamten. "Das sind Beamte, die 45 Jahre lang auch für Großbritannien gearbeitet haben", erklärt der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok. Dafür müssten die Briten zahlen, "bis der letzte Beamte gestorben ist".

Das Problem für die Briten ist, dass die Verhandlungen über ein Handelsabkommen erst beginnen können, wenn die Frage der Abschlussrechnung geklärt ist. Moderate Tories sind sich darüber ebenso im Klaren wie die meisten Abgeordneten der Labour-Partei. Keir Starmer, Labours Schattenminister für den Brexit, hat sich dafür ausgesprochen, in der Frage eine einvernehmliche Lösung zu finden. Hardliner wie Peter Bone oder Jacob Rees-Mogg haben jedoch an einer solchen Lösung kein Interesse, sie befürworten einen schnellen, harten Austritt aus der EU. Die britischen Unterhändler sprechen also in Brüssel im Namen einer Partei, die in der Frage, welchen Brexit das Land zu welchem Preis will, tief gespalten ist.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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