Großbritannien:Gehackte E-Mail-Konten

Nach Angaben eines Beraters von Premierministerin Theresa May ließ der russische Geheimdienst GRU Vater und Tochter Skripal jahrelang überwachen.

Von Cathrin Kahlweit, London

Einen Tag, nachdem die Chemiewaffenexperten der unabhängigen Kontrollorganisation OPCW im Grundsatz bestätigt haben, dass Vater und Tochter Skripal mit einem chemischen Kampfstoff in Berührung kamen, den Analysen aus dem Militärlabor Porton Down als "Nowitschok" bezeichnen, kommen aus London neue Informationen, die in Moskau eine starke Abwehrhaltung auslösen dürften. Der Sicherheitsberater von Premierministerin Theresa May, Mark Sedwill, hat in einem am Freitag veröffentlichten Brief an Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mitgeteilt, nach Informationen britischer Geheimdienste habe der russische Militärgeheimdienst GRU Sergej und Julia Skripal schon seit mehreren Jahren überwachen lassen. Auch die E-Mail-Konten der beiden seien seit 2013 gehackt worden. Außerdem habe Russland seit dem Jahr 2000 ein Programm betrieben, in dem getestet wurde, wie Spezialeinheiten chemische Kampfstoffe im Ausland einsetzen könnten - vorzugsweise durch das Aufbringen kleiner Mengen auf Türklinken. Nach Angaben britischer Ermittler soll sich die größte Menge des Nervengifts, mit dem die Skripals verletzt wurden, an der Türklinke desen Hauses in Salisbury befunden haben.

Der russische Botschafter in London, Alexander Jakowenko, zeigte sich auf einer Pressekonferenz überrascht von diesen Informationen. "Wenn wirklich jemand spionierte, warum haben sich die britischen Dienste nicht darüber beschwert?", fragte er treuherzig. Jakowenko beschwerte sich indes selbst erneut darüber, dass die Botschaft keinen Zugang zu den zwei russischen Bürgern bekomme; er bestritt auch erneut, dass Russland jemals Nowitschok hergestellt oder etwas mit dem Anschlag auf die Skripals zu tun habe. Jakowenko stellte vielmehr die Frage in die Raum, ob Julia Skripal vielleicht von britischen Behörden entführt worden sei. In einer 33-seitigen Broschüre unter dem Titel "Salisbury - eine Geheimakte", die die Botschaft auf der Pressekonferenz verteilte, heißt es, Großbritannien verweigere Moskau jedwede Information; die OPCW-Analysen seien auf intransparente Weise entstanden und daher zweifelhaft.

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