Großbritannien:Der Preis der Freiheit

Die Briten können zwar die Europäische Union verlassen. Doch sie blieben auch künftig an viele Regeln Europas gebunden.

Von Stefan Kornelius

Frei wollen sie sein, die Briten, frei von Regeln und vermeintlichen Gängeleien aus Brüssel, frei von der Rechtsprechung aus Straßburg, frei von den Zwängen zum Kompromiss mit 27 Nationen. Diese Freiheit kostet, und es ist der britischen Premierministerin Theresa May positiv anzurechnen, dass sie ihre Landsleute auf diese Kosten vorbereitet.

Allein: May tut exakt das, was man den Brexit-Befürwortern immer und immer wieder vorwarf. Sie rückt nur scheibchenweise mit der Wahrheit heraus und versteckt die Zumutungen hinter dem schillernden Bild eines Landes, das großartig attraktiv sein soll für freie Geister, freie Unternehmer und freie Menschen. Wenn man die Pastelltöne beiseitewischt, kommt indes schnell das triste, graue Britannien zum Vorschein. Die Brexit-Restaurierung des Britannien-Bildnisses funktioniert also umgekehrt wie im echten Leben: Wer die oberen Farbschichten abträgt, legt kein Kunstwerk frei, sondern eröffnet den Blick in die Düsternis.

May hat am Ende eine gute Rede zum Brexit-Auftakt gehalten, in der sie ihre Landsleute ein wenig auf Probleme vorbereitete, vor allem aber eine wichtige Wahrheit aussprach: Großbritannien mag die EU verlassen, Europa aber verlässt es nicht. Die Briten werden weiter an die Regeln des Binnenmarktes, die Verordnungen aus Brüssel und indirekt an die Rechtsprechung aus Straßburg gebunden sein. Das ist der Preis ihrer neuen Freiheit.

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