Großbritannien:Cameron wirbelt sein Kabinett durcheinander

Ende des Stillstands? Mit zahlreichen Personaländerungen reagiert der britische Premierminister David Cameron auf die Kritik an seiner Regierung. Allerdings lässt er zwei umstrittene Kabinettsmitglieder im Amt.

Die Krise in der britischen Regierung zeigt Folgen: Premierminister David Cameron hat mit einer größeren Kabinettsumbildung auf die anhaltenden Koalitionsstreitigkeiten und die wachsende Kritik an seinem Führungskurs reagiert.

Cabinet reshuffle

Großbritanniens Premierminister David Cameron: Schonung für die Liberaldemokraten.

(Foto: AP)

Die zahlreichen personellen Veränderungen vom Dienstag betreffen vor allem kleinere Posten seiner konservativen Parteikollegen. Allerdings wurden auch einige politische Schwergewichte hinabgestuft oder befördert. Die Koalitionspartner der Liberaldemokraten blieben weitestgehend verschont.

Der größte Wechsel war die Beförderung des vormals für Kultur, Medien und Olympia zuständigen Jeremy Hunt zum Gesundheitsminister. Damit stellte sich Cameron erneut hinter Hunt, der in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten war. So soll Hunt bei den mittlerweile auf Eis gelegten, aber einst umstrittenen Plänen zur Übernahme des Fernsehkonzerns BSkyB den Medienmogul Rupert Murdoch bevorteilt haben.

George Osborne bleibt Schatzkanzler

Vorwürfe gegen Hunt gab es auch, als wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele im Juli klar wurde, dass die private Sicherheitsfirma G4S nicht genug Personal zur Verfügung stellen konnte und kurzfristig Tausende zusätzliche Soldaten eingesetzt werden mussten. Der frühere Gesundheitsminister Andrew Lansley, in dessen Zeit umstrittene Veränderungen und Kürzungen beim staatlichen Gesundheitssystem fielen, bekommt einen Chefposten im Unterhaus.

Die wichtigsten Ämter ließ Cameron trotz teils heftiger Kritik an seinen Ministern unangetastet. So bleibt Theresa May Innenministerin, George Osborne ist weiter Schatzkanzler. "Es geht hier um unsere Zukunft", sagte May zu dem Umbau. May war unter anderem wegen der Sicherheitsplanung der Olympischen Spiele und der von ihr veranlassten Abschwächung der Passkontrollen an Flughäfen im Jahr 2011 kritisiert worden. Osborne war aufgrund seines Haushaltsentwurfes auch innerhalb der Konservativen in die Kritik geraten.

Vize-Premier Nick Clegg von den Liberaldemokraten erklärte, die Koalition müsse Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft antreiben. Auch einige wichtige politische Posten wurden umbesetzt. Ken Clarke, der als Justizminister teils durch offene Worte aufgefallen war, wird zum Staatssekretär ohne genauen Aufgabenbereich und soll Cameron beraten. Sein Nachfolger wird Chris Grayling.

Boris Johnson fürchtet die dritte Startbahn

Verkehrsministerin Justine Greening, die kürzlich zum wiederholten Mal den Bau einer dritten Start- und Landebahn am überfüllten Flughafen London-Heathrow ausgeschlossen hatte, ist jetzt für die Internationale Entwicklung zuständig. Ihr Nachfolger für den Transport wird Patrick McLoughlin.

Londons Bürgermeister Boris Johnson kritisierte die Absetzung Greenings und erklärte, die Regierung sei offenbar entschlossen, den "einfach verrückten" Weg einer dritten Bahn in Heathrow zu gehen. In den Koalitionsvereinbarungen ist dies eigentlich ausgeschlossen. Zum Fraktionsführer, der die Konservativen künftig im Parlament zusammenhalten und zu einer Meinung führen soll, wurde Andrew Mitchell ernannt.

Die vorherige Geschäftsführende Vorsitzende der Konservativen und Ministerin ohne Portfolio, Sayeeda Hussain Warsi, wurde abgesetzt und ist künftig Staatssekretärin im Außenministerium. Die Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten hatte im Frühjahr 2010 die Sozialdemokraten von Ex-Premier Gordon Brown abgelöst. In den vergangenen Monaten hatten koalitionsinterne Streitigkeiten einige wichtige Reformvorhaben zum Stillstand gebracht.

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