Großbritannien:Cameron tritt ab, May übernimmt

Bei seinem letzten Auftritt als Premier verteidigt der Konservative das Brexit-Referendum.

Von Christian Zaschke, London

Theresa May ist neue Premierministerin Großbritanniens. Am Mittwochabend trat sie nach ihrer Ernennung durch Königin Elizabeth II. erstmals vor ihren Amtssitz in 10 Downing Street und sagte, dass sie sich vor allem für drei Dinge einsetzen werde: die Einheit des Landes, soziale Gerechtigkeit und soziale Mobilität. Sie werde sich zudem für Minderheiten engagieren, für Arme und Benachteiligte. "Meine Mission ist, Großbritannien zu einem Land zu machen, das für alle funktioniert."

Zu den ersten Kabinettsmitgliedern, die May am Abend ernannte, gehört Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson, der lautester und prominentester Wortführer der Brexit-Kampagne war. Er übernimmt das Außenministerium. Das neu geschaffene Brexit-Ministerium leitet David Davis, ihm wird es obliegen, in Brüssel die Details des britischen EU-Austritts zu verhandeln. Auch warb als prominenter Vertreter des "Leave"-Lagers für den EU-Austritt.

Mays erstes Statement war kurz, aber eindrucksvoll: Sie wolle dem Land nach dem EU-Austritt eine "kühne, neue, positive Rolle" verschaffen, sagte sie. Vor allen Dingen überraschte, wie sehr sie betonte, sie sich für ein sozial faireres Großbritannien einsetzen zu wollen. Vor dem Statement als Premierministerin war die vormalige Innenministerin von Königin Elizabeth II. im Buckingham-Palast gefragt worden, ob sie sich dazu in der Lage sehe, eine Regierung zu bilden. Die 59-Jährige bejahte. Daraufhin vollzogen die beiden das Ritual, das als "Kissing of hands" bekannt ist. May knickste vor der Monarchin und wurde beauftragt, das Amt der Premierministerin zu übernehmen. Ein Handkuss ist trotz des Namens nicht mehr üblich. May und die Queen beließen es beim Handschlag.

Zu den weiteren Ministern Mays gehören der bisherige Außenminister Philip Hammond, der Finanzminister wird. Innenministerin, Mays bisherige Position, wird Amber Rudd, zuvor Umweltministerin. May hatte angekündigt, mehr wichtige Posten mit Frauen zu besetzen. Zudem will sie eine Balance schaffen zwischen Politikern, die für den Brexit stimmten, und solchen, die dagegen votierten. Sie werde die in dieser Frage gespaltene Konservative Partei und das Land einen, sagte May.

Zuvor hatte David Cameron sich als Premier verabschiedet. Er trat vor 10 Downing Street, begleitet von seiner Frau Samantha und ihren drei Kindern. "Es war die größte Ehre meines Lebens, diesem Land zu dienen", sagte er. Die Familie posierte ein letztes Mal vor der Tür mit der Nummer 10, dann wurde sie zum Buckingham-Palast gefahren, wo Cameron Königin Elizabeth von seinem Rücktritt informierte. Im Parlament hatte er seinen letzten Auftritt absolviert und beendete ihn mit den selbstironischen Worten: "Ich war einst die Zukunft." Cameron zog eine positive Bilanz: "Unser Land steht stärker da, unsere Wirtschaft ist stärker, unser Gesundheitssystem ist stärker." Die Entscheidung, das Volk über die EU-Mitgliedschaft abstimmen zu lassen, verteidigte Cameron. Er sei gegen den Brexit gewesen, aber es gelte, das Votum zu respektieren. Als eine der größten Errungenschaften seiner Amtszeit nannte er die Legalisierung der Homo-Ehe.

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