Großbritannien: BBC und BNP:Ritterschlag für die Rassisten

Das Thema spaltet die Nation: Die BBC lädt die rechtsextreme BNP erstmals in ihre wichtigste Politik-Talkshow. Ihr Führer Nick Griffin hat britische Generäle mit Nazi-Kriegsverbrechern verglichen.

W. Koydl

Gordon Brown war mal wieder er selbst. Der Mann, der soeben 24 Stunden über der unschuldigen Frage nach seinem Lieblingskeks gebrütet hatte, hatte nun auch keine eigene Meinung bei einem Thema, das seit Tagen die Nation spaltet: Durfte die BBC den Führer einer rechtsextremen Partei zu einer TV-Diskussion einladen oder nicht? Der Premierminister gab sowohl der BBC recht, als auch jenen, welche die Entscheidung kritisiert hatten.

Browns Ambivalenz hat einen guten Grund. Denn die Kluft über die Einladung von Nick Griffin, dem Führer der fremdenfeindlichen British National Party (BNP), zieht sich nicht nur durch die Gesellschaft, sondern auch quer durch sein eigenes Kabinett. Justizminister Jack Straw wird mit am Tisch sitzen, wenn am Donnerstagabend die nächste Folge der angesehenen und populären Debattensendung "Question Time" aufgezeichnet wird. Sein Kabinettskollege Peter Hain hingegen hat die BBC ultimativ aufgefordert, Griffin wieder auszuladen. Sein Argument: Die BNP sei illegal.

Hain beruft sich damit auf ein Gerichtsverfahren, das derzeit in London gegen die Nationalistenpartei anhängig ist. In einer ersten Instanz war die BNP dazu verurteilt worden, ihre rassistische Satzung zu ändern. Bislang nahm die Partei nur weiße Bewerber als Mitglieder auf und keine Angehörigen ethnischer Minderheiten. Griffin versprach, demnächst Abhilfe zu schaffen.

Der Fernsehsender verteidigte seine Entscheidung mit dem Hinweis, dass er zur Ausgewogenheit in der Berichterstattung verpflichtet sei. Das bedeute, dass jede politische Kraft im Land das Recht darauf habe, in der BBC zu Wort zu kommen. Doch bis vor wenigen Monaten hätte die BBC den Nationalisten mit Sicherheit keine Plattform geboten - mit dem Hinweis auf den Splitterstatus der Partei in der politischen Landschaft. Bei den letzten Unterhauswahlen 2005 erzielte die BNP karge 0,7 Prozent der Stimmen; landesweit eroberte sie ein paar Dutzend Mandate in Gemeinderäten.

"Gebührende Unparteilichkeit"

Das Bild änderte sich nach den Wahlen zum Europaparlament, als die BNP zwei Mandate in Straßburg errang. "Gebührende Unparteilichkeit", so die BBC, verlange nun, dass eine Partei mit sechs Prozent der Stimmen bei der Europawahl wenige Monate vor einer Parlamentswahl im öffentlich-rechtlichen Funk gesehen und gehört werden müsse.

Die Sendung "Question Time" genießt einen guten Ruf bei britischen Zuschauern. Die Fragen an fünf Politiker werden von einem 200-köpfigen Studiopublikum gestellt, das zuvor von der BBC je nach politischer Einstellung ausgewählt wurde. Dies bedeutet, dass auch BNP-Sympathisanten Zutritt zu der Sendung mit Griffin haben werden.

Für ihn und seine Partei ist der Streit um den TV-Auftritt willkommene Werbung. Das galt auch für einen soeben veröffentlichten offenen Brief, in dem vier pensionierte Spitzensoldaten rechtsradikale Politiker ultimativ dazu aufforderten, sich nicht länger mit britischen patriotischen Symbolen zu schmücken. Die Ex-Armeechefs General Sir Mike Jackson und General Sir Richard Dannatt, der frühere Generalstabschef Lord Guthrie und der frühere Kommandeur der Sondertruppe der "Wüstenratten" erklärten, dass die BNP damit das Ansehen der Streitkräfte beflecke. Auf der Website der Partei und auf ihren Veranstaltungen werden prominent Bilder des legendären Spitfire-Kampfflugzeuges aus dem Weltkrieg und von Winston Churchill gezeigt.

Griffins Antwort auf den Vorwurf lässt Rückschlüsse zu, wie aggressiv er sich bei der TV-Debatte verhalten dürfte. Denn er verglich die Generäle mit Nazi-Kriegsverbrechern, die man "in Nürnberg aufgehängt" habe. Und auch die Kriege Britanniens im Irak und in Afghanistan seien "illegal". Wenig überzeugend war sein Rückzieher kurz darauf. Seine Bemerkung, so Griffin in einem Interview mit der BBC, sei nur "ein kleines bisschen schwarzer Humor" gewesen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: