Griechische Innenpolitik:Selbstbewusst wie nie

Die Regierungspartei Syriza führt das Land nach dem Referendum vom Sonntag mit breitem Rückhalt. Fast alle Parteien haben Premier Tsipras das Mandat erteilt, weiterzuverhandeln. Die griechische Opposition dagegen ist geschwächt.

Von Christiane Schlötzer und Mike Szymanski

Die Griechen lieben den weiten Horizont. Wer in diesen Tag mit Vertretern der Regierungspartei Syriza über das Referendum spricht, bekommt dies zu hören: "Das Nein-Votum ist die größte politische Entwicklung seit dem Fall der Berliner Mauer." Das sagt Tasos Koronakis, der Generalsekretär des Zentralkomitees der Linkspartei. Geht es noch größer? Durchaus. "Die ganze Welt war gegen uns." Giorgos Chondros sieht das so. Er gehört dem Parteivorstand von Syriza an. Er sieht eine ganz neue Zeit für seine Partei anbrechen.

Die linke Sammlungsbewegung von Alexis Tsipras war zwar immer schon eine Partei der großen Worte. Seitdem sich aber 61 Prozent der Griechen am Sonntag gegen die Sparpolitik ausgesprochen haben, die Syriza immer bekämpft hat, fühlt sich die Regierungspartei mehr denn je als Retter der Nation. Gleich am Montag nach dem Referendum gab Tsipras den Staatsmann. Auf seinen Wunsch hin lud Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos zu einem Allparteien-Treffen. Tsipras sucht nun Verbündete für die neuen Verhandlungen in Brüssel - auch unter denen, die nach Meinung von Chondros eine "unerträgliche Kampagne" vor dem Referendum geführt hätten. Fast sieben Stunden saß man beieinander. Tsipras musste sich von der Opposition anhören, er habe zu lange damit gewartet, das Gespräch mit ihr zu suchen. Am Ende des Tages stand aber eine gemeinsame Erklärung, der sich nur die Kommunisten nicht anschlossen: Tsipras habe das Mandat zu verhandeln. Er trage aber auch die alleinige Verantwortung.

"Für den Regierungschef ist das ein großer Erfolg", sagt Chondros. Denn jetzt müssten auch die Konservativen von der Nea Dimokratia (ND) ihre Kollegen in den anderen EU-Ländern dazu bewegen, an einer "gemeinsamen Lösung" mitzuarbeiten. "Die Opposition muss eine neue Strategie entwickeln." Die Vorstellung der Konservativen, dass eine linke Regierung in Griechenland "nie mehr als eine Fußnote" in der Geschichte sein könnte, gehöre der Vergangenheit an, sagt Chondros.

Die politische Konkurrenz ist deutlich geschwächt

Für den Moment gilt: Syriza kann sich höchstens selbst im Weg stehen. Die größte Gefahr für die linke Partei geht von ihren vielen Strömungen aus. Politischer Streit ist da Funktionsprinzip, Chondros spricht lieber von "internen Dialogen". Die früheren Regierungsparteien, die sozialdemokratische Pasok und die Nea Dimokratia sind nur noch Schatten ihrer selbst oder derzeit ohne klare Führung. In der Nacht des Referendums trat ND-Chef Antonis Samaras, der frühere Premier, zurück. Seine Partei hatte das Lager der Regierungskritiker angeführt. Er sagte nach der Niederlage, nun brauche seine Partei einen Neubeginn. Übergangsweise führt jetzt Vangelis Meimarakis die Geschäfte, 61 Jahre alt, der schon auf vielen Posten für die ND tätig war - und nicht unbedingt der Mann für einen Neubeginn ist. Mehrere Kandidaten drängen nach vorne. Aber voraussichtlich erst im Herbst wird ein Parteitag entscheiden. Die Partei wartet ganz offensichtlich ab, was mit Griechenland passiert.

Tsipras' Koalitionspartner, die rechtspopulistische Anel, gibt sich konziliant. Deren Chef, Verteidigungsminister Panos Kammenos, sagte, man wolle Tsipras den Rücken stärken. Bislang hatte sich Kammenos dagegen gesperrt, die Verteidigungsausgaben um 400 Millionen Euro zu kürzen, wie Brüssel das verlangt hat. Athen bot nur 200 Millionen an. Nun soll der Kompromiss bei 300 Millionen liegen.

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