Griechische Innenpolitik:Saboteure von links außen

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Premier Alexis Tsipras hat zwar eine Mehrheit der Griechen hinter sich, aber trotzdem viele Gegner im eigenen Syriza-Lager. Dutzende könnten im Parlament gegen den Kompromiss stimmen.

Von Mike Szymanski

Der Populist scheint alles richtig gemacht zu haben, so jedenfalls lässt sich eine neue Umfrage lesen: Am Montag konnte der griechische Premier Alexis Tsipras in einer heimischen Zeitung lesen, 75 Prozent der Griechen wollten, dass er ein Abkommen über ein drittes Hilfspaket mit den Kreditgebern schließt, auch wenn das erneut Härten mit sich bringt. Und 84 Prozent wollten, das Griechenland in der Euro-Zone bleibt. Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist auch noch diese Zahl: Fast 39 Prozent der Befragten würden Tsipras' Linksbündnis Syriza jetzt wählen - das sind sogar noch ein bisschen mehr als im Januar. Damals war der Politiker mit dem Versprechen an die Macht gekommen, die Sparpolitik zu beenden.

Auch der rechtspopulistische Koalitionspartner gilt als schwer berechenbar

Und trotzdem herrscht Krisenstimmung in der Koumoundourou. So heißt die Parteizentrale von Syriza, in einem nicht so feinen Stadtteil Athens gelegen. Als Syriza-Vorstandsmitglied Giorgos Chondros am Montag dorthin unterwegs ist, treiben ihn düstere Gedanken um. "Alles ist jetzt möglich", sagt er. Auch dieses Szenario: Die Spaltung von Syriza.

Tsipras hat in Brüssel ein neues Sparpaket für Griechenland verhandelt. In Athen droht seine Partei im Streit darüber zu zerbrechen. Damit schwankt auch seine Regierungskoalition. Es ist schon eine bemerkenswerte Situation für Tsipras: Er hat zwar eine Mehrheit der Leute im Land hinter sich, aber die eigenen Leute machen Schwierigkeiten. Der Premier hat all jene enttäuscht, die glaubten, Griechenland müsse nicht mehr sparen, wenn er regiert. Mindestens 32 der 149 Syriza-Parlamentarier sind gegen neue Sparmaßnahmen. Der Koalitionspartner, die rechtspopulistische Anel, gilt als schwer berechenbar. Bis Mittwoch soll das griechische Parlament ersten Gesetzen zustimmen. Tsipras wird auf die Stimmen der Opposition angewiesen sein - wie schon in der Nacht zu Samstag. Da hatte er sich das Mandat für neue Verhandlungen geben lassen. Bei Syriza weiß man, dass es kein Dauerzustand sein kann, wenn der Regierungschef Politik mit Hilfe der Opposition macht.

Fraktionschef Nikos Filis fordert am Montagmorgen per Fernsehinterview die Abweichler auf, ihr Mandat abzugeben. Am Montagabend zog der dem Linksflügel zugerechnete Vize-Außenminister Nikos Chountis die Konsequenzen und trat zurück. Er räumte auch seinen Parlamentssitz, wie das griechische Fernsehen berichtete. Als ohnehin nicht mehr haltbar gelten Energieminister Panagiotis Lafazanis und der stellvertretende Arbeitsminister Dimitris Stratoulis, die als Kabinettsmitglieder Tsipras die Gefolgschaft verweigert hatten. Deren Ablösung soll nur noch eine Frage der Zeit sein. Lafazanis führt die Linke Plattform von Syriza an, das Linksaußenlager. 30 bis 40 Abgeordnete werden ihm zugerechnet. Das Ende der Sparpolitik ist für sie ein Muss, die Rückkehr zur Drachme kein Schreckgespenst. Sie berufen sich auf das Referendum vom 5. Juli, bei dem sich 60 Prozent der Griechen gegen ein neues Sparprogramm ausgesprochen hatten. "Wir vertreten das Ergebnis.

Das Referendum wird kein politischer Waise werden", heißt es in einer ihrer Erklärungen. Am schwierigsten dürfte es für den Regierungschef werden, Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou loszuwerden. Auch sie hat seine Politik sabotiert, die Parlamentsdebatte am Samstag in die Länge gezogen und Tsipras am Ende ihre Zustimmung verweigert. Es ist schwer vorstellbar, dass nun ausgerechnet sie behilflich sein wird, die anstehenden Beschlüsse schnell durchs griechische Parlament zu bringen. Tsipras müsste sie mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt hebeln, das käme aber einer Kriegserklärung gleich. "Ich hoffe, dass es nicht zu einer Spaltung kommt", sagte Vize-Innenminister Giorgos Katrougalos der SZ. Syriza-Funktionär Chondros ist hin- und hergerissen. Die neuen Vorschläge findet er "unerträglich". Andererseits sei Tsipras das "einzige politische Kapital", das dem Land geblieben sei. Arbeitsminister Panos Skourletis spricht schon von Neuwahlen, um klare Verhältnisse zu bekommen.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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