Griechenland:Tsipras will bei Ministern kürzen 

Der Regierungschef ist der Ansicht: Als Politiker muss man mit gutem Beispiel vorangehen. Weil über Kürzungen bei Bauern debattiert wird, müssen nun Minister und Abgeordnete auf Steuervorteile verzichten.

Von Alexander Mühlauer und Mike Szymanski, Brüssel/Athen

Im Ringen um eine Einigung auf ein drittes griechisches Hilfspaket will Athens Regierungschef Alexis Tsipras Steuervorteile für Minister und Abgeordnete streichen. Er verlangt, dass Politiker mit gutem Beispiel vorangehen. Während mit den Geldgebern über Subventionen für Landwirte verhandelt werde, "können wir in Bezug auf unsere eigenen Vorteile nicht die Unbeteiligten spielen", sagte Tsipras am Montag nach einem Treffen mit Ministern. Dabei gehe es nicht nur ums Sparen, sondern um die "symbolische Bedeutung". Der Nachrichtenagentur ANA zufolge ist ein Gesetz in Arbeit, das die gesamte Besteuerung der Diäten vorsieht. Bisher werden nur 75 Prozent besteuert.

Während die Athener Regierung und die EU-Kommission auf einen Verhandlungsabschluss für das dritte griechische Hilfspaket dringen, bremst Berlin jedoch die Zuversicht auf eine schnelle Übereinkunft. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Eine Einigung müsse zuverlässige Grundlage für das auf drei Jahre angelegte neue Hilfsprogramm sein. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte am Abend: "Ich hoffe, dass alle mit der selben Entschlossenheit für ein zügiges Ende der Verhandlungen arbeiten wie wir." Die EU-Kommission sieht die Verhandlungen auf gutem Wege. Bis zum 20. August braucht Athen neue Kredite, um 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen zu können. Insgesamt soll das Hilfspaket bis zu 86 Milliarden Euro umfassen.

Die Freigabe neuer Kredite will die Bundesregierung von den Reformfortschritten in Griechenland abhängig machen. "Es ist sinnvoll - das ist eine Vorstellung, die wir haben - die Höhe der ersten Auszahlungsrate im Verhältnis zum Umfang der umgesetzten Reformen festzulegen", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Damit werde die Hilfe an strikte Bedingungen geknüpft. Der Finanzumfang des Programms werde von dessen Inhalten abhängen. Die Bundesregierung will dem Vernehmen nach als erste Kreditrate etwa 20 Milliarden Euro freigeben, in Brüssel ist hingegen von 25 bis 30 Milliarden Euro die Rede.

Griechenlands Premier ist an einer schnellen Einigung interessiert. Aus Kreisen des Athener Finanzministeriums hieß es, es werde "Satz für Satz, Wort für Wort" an den Reformvereinbarungen gearbeitet. Das Parlament könnte am Donnerstag erste Maßnahmen beschließen. Trotz großer Fortschritte bei den Verhandlungen blieben am Montagabend noch einige Streitpunkte offen: Umstritten ist weiterhin die Form und Kontrolle des Privatisierungsfonds, der griechische Vermögenswerte im Volumen von 50 Milliarden Euro umfassen soll. Was die Abschaffung der Steuerprivilegien für Bauern und weitere Rentenreformen angeht, lassen die Kreditgeber offenbar den Griechen mehr Luft bei der Umsetzung. Die griechische Zeitung Kathimerini schreibt, Tsipras sei bereit, von roten Linien abzuweichen, um zu einer Lösung zu kommen. Das Land steuert auf eine Neuwahl im Herbst zu.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: