Griechenland:Tsipras vor neuer Kraftprobe

Die Unterhändler haben sich auf die Bedingungen für ein drittes Rettungsprogramm geeinigt. Nun hat die Politik das Wort.

Von Alexander Mühlauer und Mike Szymanski, Brüssel/Athen

Nach zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die griechische Regierung und die internationalen Geldgeber auf die Bedingungen für ein drittes Hilfsprogramm geeinigt. Im Gegenzug für voraussichtlich 86 Milliarden Euro verpflichtet sich Athen zu weiteren harten Sparauflagen. Auf "technischer Ebene" sei man sich einig, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag; was jetzt noch fehle, sei eine politische Einigung. Vor allem Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras erwartet im Athener Parlament eine neue Kraftprobe.

In einer Telefonkonferenz von Stellvertretern der Finanzminister seien die vorliegenden Informationen über die Grundsatzeinigung immerhin "positiv aufgenommen" worden, hieß es am Dienstagabend aus EU-Kreisen. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte ebenfalls am Dienstag mit Alexis Tsipras. Aus Athener Regierungskreisen hieß es, Tsipras habe Merkel über die Grundsatzeinigung informiert. Merkel habe ihm gesagt, sie habe noch nicht genügend Informationen zur Einigung. Sie habe zudem erneut einen möglichen Überbrückungskredit angesprochen. An diesem Freitag könnten die Euro-Finanzminister der Vereinbarung zustimmen, danach einige nationale Parlamente, darunter der Bundestag. Angesichts der desolaten Wirtschaftslage des Landes haben die Gläubiger ihre Erwartungen an die griechischen Haushaltsziele deutlich nach unten korrigiert. Für dieses Jahr werde nach Abzug des Schuldendienstes ein Minus von 0,25 Prozent akzeptiert, und für 2016 werde von einem moderatem Wachstum von 0,5 Prozent ausgegangen. Griechenlands Regierungschef Tsipras bricht damit sein Wahlversprechen, die Sparpolitik im Land zu beenden. Griechenland steht abermals vor harten Einschnitten. Anders als in früheren Programmen sollen Reeder stärker besteuert werden. Auch Bauern sollen Vorteile verlieren. Die Frühverrentung soll abgeschafft werden. Die Reformen sollen in zwei Schritten umgesetzt werden, ein Teil sofort, ein anderer im Herbst.

Dies verschafft Tsipras Luft im Kampf gegen innerparteiliche Gegner. Mehr als 30 Abgeordnete seines Linksbündnisses Syriza tragen die Sparpolitik nicht mit. Gesundheitsminister Panagiotis Kouroublis verlangte am Dienstag Neuwahlen. Die Regierung brauche ein neues Mandat, um die Sparmaßnahmen umzusetzen. Faktisch regiert Tsipras in einer Minderheitsregierung, er ist auf die Stimmen der Opposition angewiesen. Neuwahlen im September gelten als sehr wahrscheinlich. Am Dienstag erhielten die Abgeordneten von Syriza eine SMS-Mitteilung, dass sie wegen der anstehenden Abstimmungen die Parlamentsferien abbrechen und sich von Mittwochmittag an in Athen einfinden sollen.

Das Bundesfinanzministerium äußerte sich zurückhaltend. Staatssekretär Jens Spahn sagte, eine Vereinbarung müsse für die nächsten Jahre tragen, nicht nur für ein paar Monate. Außerdem sei es wichtig, dass der Internationale Währungsfonds an Bord bleibe. "Wir werden das Ergebnis aus Athen nun in den nächsten Tagen sorgfältig prüfen", sagte Spahn.

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