Griechenland:Tsipras bildet sein Kabinett um

Mehrere Minister aus seiner eigenen Partei wollten die mit den Euro-Ländern ausgehandelten Reformen nicht mittragen. Nun wirft der griechische Premier die Kritiker aus der Regierung.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras versucht, mit einer Regierungsumbildung die innenpolitischen Probleme zu überwinden. Am Freitagabend ersetzte er zahlreiche Kritiker seiner Politik in den eigenen Reihen durch enge Gefolgsleute. Das von Tsipras angestrebte Abkommen über neue Milliardenhilfen mit den europäischen Gläubigern ist vor allem in seinem Linksbündnis Syriza umstritten. 38 der 149 Abgeordneten hatten es am Mittwoch im Parlament abgelehnt, weil es mit weiteren Sparauflagen verbunden ist. Darunter waren auch mehrere Minister. Sie verlangen ein Ende der Sparpolitik.

Wie bereits seit Tagen in Athen erwartet worden war, muss Energieminister Panagiotis Lafazanis seinen Platz räumen. Er ist Wortführer der Gegner innerhalb von Syriza und führt die Linke Plattform an, den radikalen Flügel im Linksbündnis. Er hatte sich offen gegen Tsipras gestellt und ihn bis zum Schluss aufgefordert, dass Angebot der Kreditgeber doch noch zurückzuweisen. Auf seinen Posten rückt Panos Skourletis, 53 Jahre alt und bisher Arbeitsminister. Auch er steht zwar nicht hinter den Vereinbarungen mit Brüssel. "Wir sagen ganz klar: Dieser Deal ist nicht unserer", hatte er noch erklärt. In der Sitzung des griechischen Parlaments stimmte er aber dafür. Eine Schlüsselrolle fällt dem neuen Superminister für Arbeit, Renten und Soziales zu, George Katrougalos, 52. Der Jurist und Experte für öffentliche Verwaltung, bislang Vize im Innenministerium, wird künftig zentrale Forderungen der Geldgeber umsetzen müssen, die in der Bevölkerung auf großen Widerstand stoßen. Tryfon Alexiadis, Vize-Chef der Syriza nahestehenden Gewerkschaft der Steuereintreiber, soll stellvertretender Finanzminister unter Euklid Tsakalotos werden.

Schwere Waldbrände werfen ein Schlaglicht auf die Funktionsfähigkeit des Staates

Die Abweichler im Parlament hat Tsipras scharf kritisiert. Er warf ihnen unsolidarisches Verhalten vor, sie hätten eine Wunde in die Partei geschlagen. Er rechnet offenbar nicht länger mit ihrer Unterstützung und will zunächst die Arbeit in einer Minderheitsregierung fortsetzen. Da die Opposition der Regierung ihre Unterstützung nur für die Zeit der Verhandlungen mit den Kreditgebern zugesagt hat, steigt die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen im Herbst.

Mitten in der Diskussion um weitere Sparauflagen sind nahe Athen und im Süden Griechenlands schwere Waldbrände ausgebrochen. Die Katastrophe wirft auch ein Schlaglicht auf die Funktionsfähigkeit des Staates. Die Einsatzkräfte sind griechischen Medien zufolge offenbar überfordert, die Lage in den Griff zu bekommen. Nachdem in den vergangenen fünf Jahren die öffentlichen Ausgaben immer wieder gekürzt worden waren, sind etliche Löschflugzeuge und Hubschrauber nicht einsatzbereit. Ein Löschflugzeug musste nach einem technischen Problem notlanden. Auf der Halbinsel Peloponnes starb ein Mann auf der Flucht vor den Flammen an einem Herzinfarkt.

Die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, fordert erneut Schuldenerleichterungen für Griechenland. Ein Hilfsprogramm ohne könne nicht funktionieren. Dies sei eine Bedingung des IWF: "Damit er mitmacht, muss es ein komplettes Programm geben."

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