Griechenland:Der Plan: ein nicht so aufregender Sommer

Pro euro rally in Athens

Bitte keine neue Grexit-Debatte: Darin sind sich die Griechen und ihre Gläubiger einig.

(Foto: Fotis Plegas G./dpa)

In Amsterdam treffen sich Griechenland und seine Kreditgeber zu neuen Gesprächen.

Von Cerstin Gammelin und Alexander Mühlauer, Berlin/Amsterdam

Unter Griechenlands Gläubigern galt es lange als Tabu, darüber zu sprechen: Niemand sollte öffentlich einräumen, dass die Finanzprobleme des Landes mit der Flüchtlingskrise verknüpft sind. Doch nun, kurz vor einem entscheidenden Treffen der internationalen Kreditgeber mit Vertretern Athens an diesem Freitag in Amsterdam, hat die Bundesregierung zugegeben, dass Schuldenkrise und Flüchtlingszustrom in Griechenland zusammenhängen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Mittwochabend in Berlin, er gehe davon aus, dass die Unterstützung aus den europäischen Ländern, die Griechenland jetzt bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms erfahre, die Umsetzung der von den Kreditgebern geforderten Reformen beschleunige und dazu beitrage, die Auflagen der Kreditgeber zu erfüllen. "Ich bin zum ersten Mal, was Griechenland anbetrifft, ein bisschen optimistisch", sagte Schäuble. Die griechische Regierung habe erstmals akzeptiert, "Mitarbeiter ausländischer Verwaltungen in ihrem Land arbeiten lassen. Deutsche, Franzosen, zu Tausenden, zur Bewältigung der Migrationsströme". Dabei würden die Griechen, so Schäuble weiter, "nun plötzlich eine Erfahrung machen, die sie so bisher nicht machen mussten: was moderne Verwaltung bedeutet". Womit zum ersten Mal eine Chance da sei, "dass sich auch was bewegen kann". So kann man das natürlich sehen.

Ob es Athen mit dem Schwung der ausländischen Helfer gelingen wird, das Land zu modernisieren und die Auflagen der internationalen Kreditgeber zu erfüllen, um weitere finanzielle Unterstützung zu erhalten, ließ der Minister aber offen. "Es wird schwierig sein. Ich bin auch nicht sicher", sagte er. Schäuble verwies indirekt auf die heftigen Diskussionen vom Sommer des vergangenen Jahres, als er im Ringen um ein drittes Kreditprogramm dafür plädiert hatte, das dramatisch verschuldete Land auf Zeit aus der Euro-Zone auszuschließen. Der Plan scheiterte am Widerstand aus Athen und Paris. "Es wäre wohl auch für Griechenland besser, das Instrument der externen Abwertung nutzen zu können", resümierte der Minister erneut in Berlin. Aber Griechenland sei weiter in der Eurozone und er habe wieder Hoffnung. "Sie können es schaffen. Ich bin nicht so pessimistisch." Er glaube zudem, dass die für dieses Wochenende in Amsterdam geplanten Verhandlungen "nicht so aufregend" wie die vergangenen Sommer werden. "Und wenn es jedes Jahr ein bisschen weniger aufregend wird, ist es doch auch gut."

An diesem Freitag treffen sich die Euro-Finanzminister, um die Reformfortschritte zu bewerten. Kommen sie zu einem positiven Ergebnis, kann Athen mit einer weiteren Tranche aus dem gegenwärtig laufenden dritten Kreditprogramm rechnen. Es umfasst bis zu 86 Milliarden Euro. Die Auszahlung des Geldes ist an Reform- und Sparmaßnahmen geknüpft. Dabei liegt Griechenland deutlich im Rückstand.

In Brüssel dämpft man deshalb die Erwartungen an eine Einigung in dieser Woche. Nötig wären aus Sicht der Gläubiger vor allem Taten aus Athen. "Das Parlament muss Beschlüsse fassen, erst dann können wir die erste Überprüfung der Reformen abschließen", sagte ein EU-Diplomat. Griechenland müsse die Renten- und Einkommensteuerreform beschließen. Außerdem wollen die Kreditgeber, dass die Regierung in Athen bereits jetzt Reformen auf Vorrat zusagt, die nur in Kraft treten, wenn die vereinbarten Ziele nicht erfüllt werden sollten. In Zahlen bedeutet dies, dass Griechenland im Jahr 2018 einen Haushaltsüberschuss (ohne Schuldendienst) von 3,5 Prozent erzielen soll. Dieser "Sparplan auf Vorrat" ist ein Vorschlag aus Berlin. Erst wenn Griechenland das alles umsetzt, könnte es zu Gesprächen über Schuldenerleichterungen kommen, die allen voran der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert. Aus Sicht des Fonds sind diese unabdingbar und die Voraussetzung dafür, dass sich der IWF am Hilfspaket beteiligt. Darauf wiederum dringt vor allem die Bundesregierung, die ihrerseits aber keine Notwendigkeit für einen Schuldenerlass sieht.

Die Regierung in Athen hofft darauf, dass sich eine Erkenntnis bei den Euro-Partnern durchsetzt: dass sie Griechenland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise brauchen - und dass sie deshalb kein Interesse daran haben können, dass sich die Grexit-Debatte von 2015 wiederholt. Immerhin gibt es Hoffnung: Laut EU-Kommission erzielte Griechenland im vergangenen Jahr, wenn man die Schuldendienste außen vor lässt, einen Budgetüberschuss von 0,7 Prozent. Das ist weit besser als das Minus von 0,25 Prozent, das dem Hilfsprogramm zugrunde gelegt ist.

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