Griechenland:Den falschen Namen gesagt

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Weil er "Mazedonien" statt "FYROM" sagte, fordern Teile der Regierung und der Opposition in Athen den Rücktritt des griechischen Migrationsministers Yannis Mouzalas.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Mitten in der Flüchtlingskrise streitet die Regierung des Linkspolitikers Alexis Tsipras in Griechenland um die Zukunft von Migrationsminister Yannis Mouzalas. Hintergrund ist ein in diesen Zeiten bizarr anmutender Namensstreit um die Republik Mazedonien, an deren Grenze sich ein Flüchtlingsdrama abspielt. Athen weigert sich seit den Neunzigerjahren, den Namen Mazedonien für den Nachbarstaat anzuerkennen. Dahinter steht die Sorge, das Land könne - trotz gegenteiliger Beteuerungen - die Absicht hegen, irgendwann Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz Mazedonien zu erheben. Aus diesem Grund ist in Griechenland nur die Rede von Fyrom, ein Kunstname für "Former Yugoslav Republic of Macedonia". Mouzalas hatte am Dienstagabend in einem Fernsehinterview Mazedonien aber Mazedonien genannt. Zunächst empörte sich nur die Opposition. Der Streit droht sich allerdings zur handfesten Regierungskrise auszuwachsen, seit Tsipras' rechtspopulistischer Koalitionspartner Anel auf dem Rücktritt Mouzalas' besteht.

Am Mittwoch reihten sich in Athen allerlei Krisentreffen aneinander, ohne dass sich zunächst eine Lösung des Streits abzeichnete. Griechischen Medien zufolge hat Mouzalas, der sich bereits für seinen "Fauxpas", wie er sagte, entschuldigte, seinen Rücktritt angeboten. Tsipras will ihn jedoch halten. Seine Regierung hatte bereits kurze Zeit nach der umstrittenen Äußerung eine Erklärung abgegeben und die Reaktionen als übertrieben bezeichnet.

Doch auch die größte Oppositionspartei, die konservative Nea Dimokratia, erhöhte den Druck auf Tsipras. Deren Vorsitzender Kyriakos Mitsotakis sagte: "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem der Rücktritt Mouzalas' erfolgen muss." Er verlangte von Tsipras, Mouzalas noch am selben Tag zu entlassen. Der Minister habe auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise versagt. Eine Regierungssprecherin erklärte, Entscheidungen würden nach dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag fallen.

Seitdem die Balkanroute für Flüchtlinge nahezu komplett geschlossen ist, sitzen weit mehr als 40 000 Flüchtlinge in dem Land fest. Allein im Grenzort Idomeni sind mehr als 10 000 Verzweifelte gestrandet. Die Lage ist katastrophal. Das Land ist damit überfordert, der Situation Herr zu werden. Mouzalas kam als Quereinsteiger in die Regierung. Der bekannte Athener Gynäkologe ist Mitbegründer des griechischen Sprosses der Hilfsorganisation Ärzte der Welt. Seit 27 Jahren verarztet er Flüchtlinge, er war in vielen Krisengebieten im Einsatz. Mouzalas hatte das Migrationsministerium - eine Unterabteilung der Innenbehörde - in der Zeit der Übergangsregierung vor den Neuwahlen im September geführt. Tsipras war mit seiner Arbeit so zufrieden, dass er ihn danach nicht mehr gehen lassen wollte.

Das unnachgiebige Vorgehen von Tsipras' Koalitionspartner Anel kommt überraschend. In der Vergangenheit hatte der Anel-Vorsitzende Panos Kammenos, der auch Verteidigungsminister ist, dem Premier in vielen Fragen freie Hand gelassen. Tsipras' Koalition verfügt im Parlament nur über eine hauchdünne Mehrheit. Trotzdem zeigte sich das Bündnis seit der Wiederwahl im Herbst überraschend stabil.

In der Flüchtlingskrise hat die griechische Armee unter Kammenos geholfen, den Rückstand beim Bau von Flüchtlingsunterkünften und Registrierzentren aufzuholen. Kammenos erklärte, für ihn sei mit Mouzalas' Äußerung eine rote Linie überschritten.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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