Griechenland:Bankenkrise bringt Tsipras in Zugzwang

Da Griechenlands Kreditinstitute kurz vor dem Kollaps stehen, macht Premier Tsipras ein neues Verhandlungsangebot: Er will ein drittes Hilfsprogramm beantragen

Der griechische Premier Alexis Tsipras will nun doch mit den Kreditgebern weiter verhandeln. Wenige Stunden vor dem Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms und angesichts drohender Bankenpleiten beantragte das Büro des Ministerpräsidenten am Dienstag ein über zwei Jahre laufendes Hilfsprogramm. Es soll unter dem Dach des Euro-Rettungsfonds' ESM stehen und zur Ablösung von rund 29 Milliarden Euro Schulden verwendet werden, die bis 2017 fällig werden. Zudem sollen später fällige Schulden beim früheren Rettungsfonds EFSF restrukturiert werden. Griechenland bleibe "am Verhandlungstisch", hieß es in der Mitteilung des Büros von Tsipras. Griechenlands Banken droht nach Einschätzung der deutschen Finanzaufsicht Bafin schon bald die Pleite. Bafin-Präsident Felix Hufeld sagte, der Kollaps werde kommen, wenn sich nichts ändere.

"Das können Sie in Tagen zählen." Nach dem Bekanntwerden der Anfrage aus Athen besprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Partei- und Fraktionschefs von SPD und Union sowie Bundesfinanzfinanzminister Wolfgang Schäuble. Sie machte anschließend deutlich, dass vor dem Referendum "von deutscher Seite aus kein neuer Antrag beraten werden kann". Tsipras will die Griechen am Sonntag über die Reformauflagen des auslaufenden Hilfsprogramms abstimmen lassen. Noch am Abend berieten die Finanzminister der Euro-Länder in einer Telefonkonferenz über den neuen Antrag, vertagten sich aber nach einer Stunde auf Mittwoch. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte jedoch, offizielle Verhandlungen könne es erst nach dem Referendum geben. Ein Zeichen für die Verhandlungsbereitschaft Athens war am Dienstagabend auch die Bitte der Regierung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) um eine Verlängerung der Frist für die fällige Rückzahlung von Krediten. Zuvor hatte Finanzminister Yanis Varoufakis eine Zahlung noch gänzlich abgelehnt. Die Euro-Finanzminister haben nach eigenen Angaben informell eine Erklärung vorbereitet, in der sie Griechenland beim Schuldendienst entgegenkommen wollen. Informelle Gespräche, um Athen den Schuldendienst weiter zu erleichtern, laufen auch auf höchster politischer Ebene. Merkel hatte am Montag in der SPD-Bundestagsfraktion betont, sie sei bereit, Maßnahmen zu ergreifen, damit Athen seine Schulden tragen könne; eine weitere Verlängerung der Laufzeiten der Kredite sei informell angeboten, aber noch nicht in der Euro-Gruppe diskutiert worden. Die Teilnehmer berichteten, dass Merkel bereit sei, Verbindlichkeiten gegenüber der Europäischen Zentralbank in den ESM zu überführen. Bisher blieben die Gespräche vertraulich, da Berlin für offizielle Verhandlungen ein Bundestags-Mandat braucht. Inzwischen werden auch schwere Zerwürfnisse in der griechischen Regierung deutlich. Mehrere Online-Zeitungen berichteten, Vize-Regierungschef Giannis Dragasakis habe versucht, Tsipras von einem Bruch mit der Eurozone abzuhalten. Am Abend ging er dann öffentlich auf Konfrontationskurs zu Tsipras. Im staatlichen Fernsehsender ERT sagte er als erstes Regierungsmitglied, das Referendum müsse keineswegs abgehalten werden.

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