Griechenland:Athen kürzt Renten, Eurogruppe reicht das nicht

Die Finanzminister fordern das verschuldete Land auf, vorsorglich noch ein weiteres Sparpaket vorzubereiten. Doch Regierungschef Alexis Tsipras weigert sich - und verweist auf die Verfassung.

Von Alexander Mühlauer und Mike Szymanski, Brüssel/Istanbul

Den Euro-Finanzministern gehen die Sparbeschlüsse aus Athen nicht weit genug. In der Nacht zum Montag hatte das griechische Parlament zwar einer umfassenden Renten- und Steuerreform zugestimmt, doch die Euro-Gruppe fordert ein weiteres Sparpaket auf Vorrat. "Die Maßnahmen aus diesem Paket sind eine Art Versicherung, sie sollen nur in Kraft treten, wenn die vereinbarten Haushaltsziele nicht erreicht werden", sagte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach einem Sondertreffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel. Die griechische Regierung lehnt jedoch gesetzlich festgelegte Reformen auf Vorrat ab, weil die Verfassung dies verbiete.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, derzeit werde noch darüber diskutiert, ob dazu ein "Reformpaket auf Vorrat oder ein anderes Instrument" nötig sei. Der Grund für das weitere Paket sind unterschiedliche Auffassungen unter den Kreditgebern. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält es für unrealistisch, dass Athen ohne zusätzliche Reformen den vereinbarten Haushaltsüberschuss (ohne Schuldendienst) von 3,5 Prozent im Jahr 2018 erzielen kann. EU-Kommission und Europäische Zentralbank schätzen die Wirtschaftslage in Griechenland optimistischer ein.

Die Euro-Finanzminister stellten Athen zudem Schuldenerleichterungen nach 2018 in Aussicht; "falls diese nach dem Ende des aktuellen Hilfsprogramms nötig sein sollten", sagte Dijsselbloem. Bis zum nächsten Treffen der Finanzminister am 24. Mai soll die Euro-Arbeitsgruppe Vorschläge für Schuldenerleichterungen erarbeiten und zugleich die Auszahlung weiterer Hilfsgelder für Griechenland vorbereiten. Die Aussicht auf Schuldenerleichterungen und die Finanzierung Griechenlands werde hoffentlich sicherstellen, dass der IWF beim laufenden 86-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm an Bord bleibe, sagte Dijsselbloem. Die Bundesregierung hält die Beteiligung des IWF für unabdingbar. Außerdem soll der vergangenes Jahr vereinbarte Privatisierungsfonds bis September einsatzbereit sein.

In der Nacht zu Montag hatte das Parlament in Athen der umstrittenen Renten- und Steuerreform zugestimmt. Während Premier Alexis Tsipras das Sparpaket vor den Abgeordneten als notwendig verteidigte und "bessere Zeiten" in Ausschicht stellte, kam es auf dem Syntagma-Platz zu Ausschreitungen zwischen Sparpolitik-Gegnern und der Polizei. An der Demonstration in Athen beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 18 000 Menschen. In Thessaloniki demonstrierten 8000 Griechen. Zuvor hatten die Gewerkschaften mit einem landesweiten Streik versucht, die linksgeführte Regierung unter Tsipras unter Druck zu setzen. Dennoch verabschiedete diese die Beschlüsse ohne Abweichler in den eigenen Reihen gegen die Stimmen der Opposition. Von der Mehrwertsteuer über Treibstoff und Zigaretten bis zum Internet werde alles teurer, meldeten griechische Medien. Zusammen sollen die beschlossenen Reformen 5,4 Milliarden Euro einsparen.

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