Grenzkontrollen:Ausnahme von der Ausnahme

The Trucker's Nightmare That Could Flatten Europe's Economy

Am 12. Mai läuft die bisherige Genehmigung aus - genau acht Monate nach der Wiedereinführung von Kontrollen wegen des starken Flüchtlingszuzugs.

(Foto: Akos Stiller/Bloomberg)

Deutschland und fünf weitere Länder beantragen bei der EU-Kommission, die Grenzkontrollen verlängern zu dürfen. Auch die Übergänge Bayerns zu Österreich sollen intensiver überwacht werden.

Von Nico Fried

Deutschland bereitet trotz der stark rückläufigen Flüchtlingszahlen offenbar sowohl auf europäischer wie auf innenpolitischer Ebene weitere Grenzkontrollen vor. So will die Bundesregierung zum einen zusammen mit fünf anderen Staaten der Europäischen Union bei der EU-Kommission in Brüssel beantragen, die bestehenden Kontrollen verlängern zu können. Zum anderen verhandeln Berlin und die bayerische Staatsregierung über eine Ausweitung der Kontrollen auf zusätzliche Übergänge an deutschen Grenzen.

In einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wenden sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und seine Amtskollegen aus Österreich, Frankreich, Belgien, Dänemark und Schweden an die Kommission. Trotz Verbesserungen auf der Balkanroute gebe es an den EU-Außengrenzen weiter Defizite, heißt es in dem im Original auf Englisch verfassten Brief. Die allgemeine Situation sei "extrem volatil und schwer vorherzusagen, zumal die Route über das zentrale Mittelmeer weiter Anlass zur Sorge bietet". Dies bedrohe ohne Kontrollen an den Binnengrenzen die Funktionsfähigkeit des Schengen-Raumes und stelle ein "ernstes Risiko für die öffentliche Ordnung und Sicherheit" dar.

Die Staaten wollen in der Lage sein, auf Änderungen der Routen zu reagieren

Zwar unterstützen die Minister das im März beschlossene Ziel der EU, bis Ende 2016 alle Kontrollen an den Binnengrenzen wieder aufzuheben. Bis dahin jedoch müsse man auf Veränderungen der Situation jederzeit reagieren können. Die betroffenen Staaten sollten deshalb die Möglichkeit bekommen, befristete Grenzkontrollen einzuführen oder aufrechtzuerhalten. Die Staaten müssten in der Lage sein, "dieses Instrument flexibel einzusetzen, wo immer es notwendig ist, um auf sich verändernde Migrationsrouten und Sicherheitsanforderungen zu reagieren".

Die bisherige Ausnahmegenehmigung läuft am 12. Mai aus - genau acht Monate nach der Wiedereinführung von Kontrollen wegen des starken Flüchtlingszuzugs insbesondere an der deutsch-österreichischen Grenze. Vor wenigen Wochen hatte sich de Maizière noch den Zorn der CSU zugezogen, weil er nach Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und der Türkei ein Ende der Grenzkontrollen ins Gespräch gebracht hatte.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, dass die Kommission bereits am Mittwoch empfehlen könnte, die Grenzkontrollen über den 12. Mai hinaus bis Mitte November zu verlängern. Ein entsprechender Vorschlag beziehe sich auf bestehende Kontrollen in Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. Die Kommission hebe hervor, dass es sich um "verhältnismäßige" und "zeitliche beschränkte" Kontrollen handele, schreibt die Zeitung unter Berufung auf den Entwurfstext. Für Kontrollen an der österreichisch-italienischen Grenze am Brenner, wie sie Wien wegen möglicher Asylbewerber von der Mittelmeerroute vorbereitet, müsse die dortige Regierung eine andere Rechtsgrundlage finden.

Bayern und der Bund werden unterdessen nach Angaben aus München Verhandlungen über die Ausweitung der Polizeikontrollen an der österreichischen Grenze aufnehmen. Bisher werden nur einzelne der rund 60 Grenzübergänge von der Bundespolizei kontrolliert, die Staatsregierung fordert, diese Zahl zu erhöhen. "Es wird Gespräche zwischen Bund und Bayern geben, wie die Kontrollen künftig ausgestaltet werden sollen", sagte Innenminister Joachim Herrmann am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur: "Überall dort, wo die Grenzübergänge auch von Ausländern genutzt werden, muss kontrolliert werden." Herrmann betonte, dass das Ausmaß der künftigen Kontrollen auch von der Entwicklung an der österreichisch-italienischen Grenze abhänge.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich unterdessen in ihrer wöchentlichen Videobotschaft grundsätzlich zur Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums: "Ich habe mich dafür entschieden, dafür zu kämpfen, dass wir unsere Außengrenzen schützen können, dass wir den Raum der Reisefreiheit, der Bewegungsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit behalten, damit Europa stärker machen", sagte sie. Auf die angestrebten Verlängerungen ging sie nicht ein.

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