Gorch-Fock-Affäre:Bundeswehrverband zweifelt an Guttenberg

Nach der Opposition attackiert ein Marineoffizier den Minister. Viele fragten sich, ob sie ihm noch vertrauen könnten. Indes sorgt ein Bericht über den neuen Kapitän der "Gorch Fock" für Wirbel.

Laut und deutlich war in den vergangenen Tagen die Kritik an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aus der Opposition zu vernehmen. Jetzt gesellen sich hochkarätige Vertreter aus den eigenen Reihen dazu. Der im Bundeswehrverband für die Marine zuständige Kapitänleutnant Uwe Sonntag zweifelt in der Rheinischen Post an der Vertrauenswürdigkeit des Ministers: "Gerade Offiziere mit Führungsverwendung fragen sich: Wie viel Vertrauen können wir noch in die politische Führung haben?"

Guttenberg steht Abgeordneten Rede und Antwort

Menschenunwürdiger Drill oder ledigliches hartes Leben auf rauher See? Diese Frage beschäftigt Politik und Medien, seit Berichte über Missstände auf der Gorch Fock auftauchten.

(Foto: dpa)

Die ablehnende Haltung des Verteidigungsministers zu einer parlamentarischen Untersuchung der aktuellen Vorgänge in der Bundeswehr hat indes Grünen-Vositzende Claudia Roth angegriffen. "Wir fordern eine entsprechende Ausweitung des Kundus-Untersuchungsausschusses, damit der suspendierte Kapitän der Gorch Fock vor den Abgeordneten Rede und Antwort stehen kann", sagte sie der Saarbrücker Zeitung. Schließlich sei die Bundeswehr eine Parlamentsarmee.

Mangelnde Kooperationsbereitschaft Guttenbergs kritisierte auch die Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses, Susanne Kastner (SPD). "Es kann nicht angehen, dass Herr Guttenberg als Erstes die Medien informiert und erst dann den Verteidigungsausschuss des Bundestags", sagte Kastner dem Hamburger Abendblatt. Hier müsse der Minister seinen Umgang mit dem Parlament kräftig überdenken.

Auch die Grünen kritisierten die Informationspolitik des Verteidigungsministers. "Wir bekommen keine Antwort auf die Frage nach einer verbesserten Informationspolitik. Wir bekommen keine Antwort auf Fragen zu neuen Ermittlungsergebnissen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, der Zeitung.

Neue Wogen im Boulevard

In der Bundeswehr selbst wird mit Sorge verfolgt, wie die Medien auf die Entlassung von Gorch-Fock-Kapitän Norbert Schatz reagieren: Wenn der Minister erkläre, er habe mit dem Schritt den Kommandanten schützen wollen, dann habe er damit "genau das Gegenteil erreicht", sagte Kapitänleutnant Sonntag vom Bundeswehrverband. In der Öffentlichkeit komme nur an, dass an den Vorwürfen wohl doch etwas dran sei und Schatz deshalb von der Bildfläche habe verschwinden sollen.

Indessen dreht sich die Berichterstattung um das Segelschulschiff weiter: Die Bild-Zeitung titelte in ihrer Donnerstagsausgabe "Hier fährt der neue Kapitän mit dem Beiboot Wasserski". Deutschlands größtes Boulevardblatt widmet den Missständen in der Bundeswehr seit Bekanntwerden der Vorfälle auf der Gorch Fock hohe Aufmerksamkeit.

Angeblich soll Kapitän zur See Michael Brühn, der den suspendierten Norbert Schatz ersetzt, Soldaten der Gorch Fock eingespannt haben, um dem Wassersport frönen zu können. Der Vorfall soll sich allerdings bereits vor sechs Jahren vor Lanzarote ereignet haben.

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