Google Street View:Politiker pochen auf Privatsphäre

Gegen die Veröffentlichung ihrer Wohnorte durch Google Street View haben einige Politiker bereits Einspruch erhoben. Sie planen nun juristische Konsequenzen, sollte der Netzgigant diesen missachten.

Zahlreiche Politiker von Regierung und Opposition wollen Widerspruch gegen die Abbildung ihrer Häuser im Internetdienst Google erheben. Nach dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, kündigte auch der Grünen-Politiker Hans-Christian-Ströbele an: "Ich bin gegen Google Street View und werde die Möglichkeit wahrnehmen, Einspruch einzulegen." Er finde das Projekt schlicht "ungeheuerlich".

Google startet Street View in 20 deutschen Staedten

Schon vor zwei Jahren begann der Netzgigant Google damit, mit einer Spezialkamera deutsche Straßen abzufilmen. Auf diesem Bild fährt ein Fahrzeug im Auftrag von Google in Berlin am Brandenburger Tor vorbei.

(Foto: ddp)

Wenn ein Widerspruch eingelegt wird, will Google entsprechende Häuser oder Wohnungen unkenntlich machen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat bereits Widerspruch gegen eine Darstellung ihres Hauses bei Google Street View eigelegt. Der Frankfurter Rundschau bestätigte eine Sprecherin der Ministerin diesen Schritt. Sie rufe zudem andere Mieter und Eigentümer dazu auf, wenn diese "nicht möchten, dass Fotos ihrer Wohnung oder Grundstücke auf Google Street View veröffentlicht werden".

Die Datenschutzexpertin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, beabsichtigt, es der Verbraucherschutzministerin gleichzutun. "Ich widerspreche, weil ich Bilder meiner Privatwohnung nicht im Internet sehen will. Soweit es sich um private Liegenschaften handelt, empfehle ich das auch jedem anderen - uneingeschränkt", sagte Piltz. Sollte Google trotz Widerspruchs Bilder veröffentlichen, müssten die Datenschutzbeauftragten über Sanktionsmöglichkeiten entscheiden.

Der Ruf nach diesen juristischen Konsequenzen wird in Deutschland lauter. Der verbraucherpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Bleser, hält eine Gesetzesverschärfung bei solchen Angeboten für dringend notwendig. "Wenn der Rechtsrahmen nicht ausreicht, müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Privatsphäre bei dieser Technologie gewahrt bleibt", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Das schärfere Vorgehen solle nicht nur für Google gelten: "Das muss generell sein", sagte Bleser.

Nach der Sommerpause sollten Beratungen beginnen, wie die Bürger besser geschützt werden können. Die Frage sei, wo die Privatsphäre zum Beispiel in einem Mietshaus beginne. Im Handelsblatt kündigte Bleser diesbezüglich an: "Das Recht auf informelle Selbstbestimmung muss gewahrt bleiben. Ich sehe kein Problem, dass wir uns mit der FDP verständigen."

Die Liberalen signalisierten Zustimmung. Der FDP-Verbraucherpolitiker Erik Schweickert forderte ebenfalls im Handelsblatt: "Wir brauchen eine eindeutige Rechtsgrundlage." Er kündigte einen Vorstoß von Rechts- und Verbraucherschutzpolitikern nach der Sommerpause an.

Oppermann und die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hatten der Bundesregierung vorgeworfen, nicht schnell genug gehandelt zu haben. "Ich verstehe, dass sich jetzt viele Bürger überrumpelt fühlen. Die Bundesregierung hätte längst eine solide gesetzliche Basis zum Schutz der Privatsphäre im Internet schaffen müssen", sagte Oppermann.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nannte es "die Aufgabe des Staates, den Datenschutz zu gewährleisten". Datenschutz dürfe nicht privatisiert werden und nur für Personen möglich sein, die die technischen Möglichkeiten dazu haben, sagte Roth. "Es darf nicht Aufgabe von Privatpersonen sein, täglich das Internet zu durchforsten, um gegen Eingriffe in die Privatsphäre vorgehen zu können", sagte sie.

Nach massiver Kritik an der angekündigten Einführung von Street View noch in diesem Jahr hatte Google am Mittwoch sein Widerspruchsverfahren präzisiert. Das Unternehmen betont, dass der "Antrag auf Unkenntlichmachung von Häusern/Wohnungen" auch nach dem Start des Dienstes dauerhaft gestellt werden könne.

Um noch vor Veröffentlichung des Dienstes das eigene Haus oder die Wohnung unkenntlich zu machen, gibt es bestimmte Fristen. Für die nächste Woche kündigte Google ein Online-Formular an, mit dem Einwohner der 20 größten deutschen Städte - die zuerst in Street View aufgenommen werden sollen - "für einen begrenzten Zeitraum bis Mitternacht (23:59 Uhr) am 14. September" Widerspruch einlegen können.

Die 20 Städte sind: Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal.

Bei einem Widerspruch per Brief ende die Frist mit Poststempel vom 21. September. Melden sich Bürger innerhalb dieser Fristen, will Google die betreffenden Gebäude noch vor Einführung des Dienstes unkenntlich machen. Ein Widerspruch soll aber auch jederzeit nach Veröffentlichung der Aufnahmen gestellt werden können.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bemängelte, die Frist bis September sei zu kurz und überschneide sich außerdem mit der Ferienzeit. Das sei "ungenügend und völlig unpraktikabel". Die Bürger sollten nach seiner Einschätzung bis mindestens Mitte Oktober Gelegenheit zum Vorab-Widerspruch haben. "Nötigenfalls muss der Start des Dienstes bis zur Berücksichtigung sämtlicher Widersprüche verschoben werden", sagte Herrmann.

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