Golfkrise:Selbst ist das Emirat

Bahraini Foreign Minister Sheik Khalid bin Ahmed Al Khalifa walks into a press conference after the foreign ministers of Saudi Arabia, Bahrain, the United Arab Emirates and Egypt meeting to discuss their dispute with Qatar, in Manama

Am Wochenende hatten sich die Außenminister von Bahrain, Saudi-Arabien, Ägypten und den Emiraten (von links) zu Beratungen in Bahrain getroffen.

(Foto: Hamad i Mohammed/Reuters)

Katar hat wegen der anhaltenden Blockade durch seine arabischen Nachbarstaaten jetzt dagegen eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation eingebracht. Die muss binnen 60 Tagen eine Entscheidung finden.

Von Moritz Baumstieger

Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel, sein US-Kollege Rex Tillerson, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan - sie alle scheiterten in den vergangenen Wochen reihenweise als Vermittler. Nun versucht Katar die diplomatische Krise am Golf selbst zu lösen - mit einer Reihe von Klagen bei internationalen Organisationen versucht das Emirat, den Boykott durch seine Nachbarstaaten zu durchbrechen. Am Montag reichte Katar drei Beschwerden bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf ein, wie der dort stationierte katarische Gesandte Ali Alwaleed al-Thani bekannt gab. Viele Aspekte der wirtschaftlichen Blockade durch die Nachbarn verstießen gegen die Handelsgesetze der Organisation, argumentiert Katar, deshalb wolle man mit dem Schritt ein Verfahren zur Konfliktlösung anstoßen. Beschweren wollte man sich auch bei der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation der UN, so al-Thani. Als die Nachbarstaaten am 5. Juni den Handelsboykott gegen Katar wegen angeblicher Terrorunterstützung verhängten, die Grenzübergänge schlossen und katarische Bürger auswiesen, entzogen sie auch der staatlichen Linie Qatar Airways die Überflugrechte.

Die Satzung der WTO sieht nun eine Frist von 60 Tagen für formale Konsultationen mit Saudi-Arabien, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, die das Ziel der katarischen Beschwerden sind. Gegen Ägypten, das die Sanktionen gegen das Emirat mitträgt, dessen Bürger aber nicht auswies, legte Doha keine Beschwerde ein, was der katarische Gesandte bei der WTO nicht weiter kommentieren wollte. Sollte in den kommenden 60 Tagen keine Einigung erreicht werden, kann Katar die WTO bitten, den Fall von einem unabhängigen Gremium untersuchen zu lassen, das gegebenenfalls Strafmaßnahmen und Gegensanktionen gegen die Beklagten verhängen könnte.

Ein solches Verfahren wäre aller Voraussicht nach sehr langwierig, Beobachter sprechen von einer Dauer von zwei bis fünf Jahren. Diesen Zeitraum einfach auszusitzen, dürfte selbst für das rohstoffreiche Katar schwierig werden, den Staat mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Erde. Bis zum Ausbruch der Krise importierte das Emirat gut die Hälfte seiner Lebensmittel auf dem Landweg aus den Nachbarstaaten. Die nun entstandenen Lücken versucht das Emirat bisher durch teurere Importe auf dem Luftweg auszugleichen, was den Staatshaushalt belastet: Einer Mitteilung der Zentralbank zufolge sanken die internationalen Währungsreserven Katars allein im Juni um 30 Prozent auf jetzt 24 Milliarden Dollar. "Wir bleiben voll Hoffnung, dass die Konsultationen fruchtbar für eine Lösung sind", sagt wohl auch deshalb der WTO-Gesandte Ali al-Thani.

Am Wochenende erst hatten die vier Staaten der Anti-Katar-Koalition über weitere Sanktionen gegen das Emirat beraten, sich aber schlussendlich auf keine neuen Strafmaßnahmen einigen können. Stattdessen forderten die Staaten nochmals die Erfüllung ihres 13 Punkte umfassenden Forderungskatalogs, in dem unter anderem eine Schließung des Nachrichtensenders Al Jazeera und ein Ende der Unterstützung und des Asyls für Funktionäre der Muslimbruderschaft verlangt wird. Wenn Katar einlenke, sei man zu einem Dialog bereit, so die Außenminister der Koalition.

Während bei der WTO nun vordergründig ein Dialog geführt werden soll, eskaliert der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar auf anderer Ebene: Nachdem sich Doha beim Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit der UN über Restriktionen bei der Ende August beginnenden muslimischen Wallfahrt Hadsch beschwert hatte, schlug der saudische Außenminister Adel al-Jubeir nun mit harschen Worten zurück: Eine "Kriegserklärung" sei der Vorstoß Katars gewesen, allem voran der Vorschlag, die heiligen Stätten in Mekka und Medina unter internationale Aufsicht zu stellen. Eine solche Forderung habe man jedoch gar nicht gestellt, dementierte Katars Außenminister Scheich Mohammad al-Thani. Man habe lediglich dagegen protestiert, dass das Königshaus der Saud, das sich als Hüter der zwei heiligsten Städte des Islams sieht, die Wallfahrt politisiere, indem es katarischen Pilgern die Teilnahme erschwere.

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