Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Da der deutsche Schlager in der Hauptsache den Themen Herz und Schmerz verpflichtet war, konnte er an den Gestirnen unmöglich vorbeigehen, schließlich waren das die Orte, wo Liebe und Sehnsucht ihre zuverlässigsten Ankerplätze hatten. "Flieg mit mir zu den Sternen", sang G. G. Anderson, den "Weißen Mond von Maratonga" rückte Lolita ins Blickfeld, und dass wir, "Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt", mit unserer Sehnsucht allein sind, wusste Pola Negri schon 1936. Kein Lied freilich zog aus dem ewigen Lauf der sogenannten Himmelskörper mehr Wärme, Gefühl und Schmalz als Gerhard Winklers "Capri-Fischer". Das lag zum einen an Rudi Schurickes Gesangskunst, dieser Apotheose des Knödelns, zum anderen an der Verszeile "Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt", die seinerzeit von vielen so aufgefasst wurde, als übernachte die Sonne regelmäßig in der Blauen Grotte und mache sich von hier aus anderntags immer wieder auf ihren Weg.

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