(SZ) Als Franz Beckenbauer noch regelmäßig auftrat, etablierte sich der Begriff "franzeln" für dessen spezielle Kunst der öffentlichen Rede. Franzeln: bairisch eingefärbtes Geplauder über Fußball, in Wahrheit aber über das Wesen aller Dinge. Wer franzelt, verdichtet Namen wie Jean-Pierre Papin zu Schapapapa; wer franzelt, verpackt glasklare Ansagen im trügerischen Klang der Beiläufigkeit. Wer franzelt, verschiebt Zeit und Raum. "In einem Jahr habe ich mal 15 Monate durchgespielt", sagte Beckenbauer, außerdem war natürlich er es, der eine Floskel des Gegenwartsfußballs endgültig auf den Weg brachte. Es war im Jahr 2001, als dem FC Bayern fürs Champions-League-Viertelfinale das Team von Manchester United zugelost wurde. Beckenbauers erste Reaktion: "Ein vorweggenommenes Endspiel." Wenn Beckenbauer etwas sagt, kriegt alles eine neue Wucht. Das "vorweggenommene Endspiel" wurde zum stehenden Begriff für Journalisten und Fans in einer Branche, die Attraktionen in immer dichterer Folge präsentieren muss. Wenn es bis zum Finale noch dauert, franzelt man sich halt das Viertelfinale zum Finale hoch, wie Beckenbauer, der früher in der Werbung gefragt hatte: "Ja, is denn heit scho Weihnachten?" Dabei war noch nicht mal Advent.