Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Auf Rührung eingestimmte Naturen nennen das Jahr 2016 jetzt bereits das Jahr der Abschiede, weil so viele gehen mussten: Schauspieler, Schriftsteller, Musiker, ja sogar ein ganzes Land musste gehen, und dem dazugehörigen Premierminister blieb ebenfalls nichts anderes übrig, als zu gehen. Das Wort gehen kennt, wir sehen es dieser Tage klarer denn je, sehr unterschiedliche Gangarten. Denn es ist ein, ja: himmelweiter Unterschied, ob man beim Gehen ein Amt verlässt, eine Wirtschaftszone oder gleich sein ganzes Leben. Das ist die eine Wahrheit. Die andere Wahrheit berührt die Frage des Sagbaren, um es mal ein bisschen ingeborgbachmannhaft auszudrücken. Was sagt man, wenn man Europa verlässt? Vielen Dank und vielleicht bis später einmal in einer anderen Zone? Oder sagt man: Lasst uns nicht hysterisch werden, wir können ja bis zum Herbst noch drinbleiben? Die Antwort: Man kann zunächst das eine und dann das andere sagen, man lebt ja schließlich weiter.

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