Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Mit großen Sportereignissen geht oft eine enorme patriotische Aufwallung einher, denn es treffen dort ja immerhin Repräsentanten verschiedener Nationen aufeinander, um sich im Wettkampf zu messen. Einige dieser Nationen waren in früheren Jahrzehnten sogar miteinander verfeindet, andere auf unheilvolle Weise miteinander verbündet, also: geschichtlich gesehen macht sich gerade beim Fußball eine enorme Symbolkraft auf die Socken, die irgendwie gebündelt werden muss. Als einfachste Methode, patriotische Bedürfnisse kurz und praktisch zu bedienen, galt immer das Abspielen der jeweiligen Nationalhymne. Die Spieler standen dazu wie eilig aufgestellte Zaunlatten auf dem grünen Rasen und ließen das Lied teils über sich ergehen, teils insofern an sich heran, dass sie mitsangen oder zumindest per Lippenbewegung so taten, als sängen sie mit. Nachdem das Lied verklungen war, strampelten sie mit den Beinen, freuten sich aufs Spiel und der patriotische Schauder war zu aller Freude und Erleichterung verflogen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: