(SZ) Das Schöne an unserer Zeit ist ja, dass sich unser Wertetableau immer wieder neu formatieren lässt. Was wir gestern für hochwertig hielten, kann heute bereits der letzte Schrott sein. Und was uns heute abstoßend vorkommt, kann schon morgen auf der Speisekarte von Tim Raue stehen. Anders gesagt: Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine; wer heute in Berlin in ein Schrottquartier zieht, wacht vielleicht morgen schon in einem Villenviertel auf. Und wer sich heute in einen Mann verliebt, ist morgen mit einer Frau zusammen oder mit ganz jemand anderem, vielleicht auch mit einem Fisch oder einer Autobahnbrücke; mag sein, er ist auch wieder allein und verliebt sich in sich selbst. Das ist alles denkbar, möglich und gewünscht, und das Schöne: Es gibt für jede Entscheidung das geeignete Restaurant, die passende App, die richtige Beleuchtung. In den lieben alten Kaffeekränzchen-Jahren hätten wir gelispelt: Jedem Tierchen sein Pläsierchen.