Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Zu viele Dinge passieren zur Unzeit. Sie platzen am liebsten dazwischen, wenn es am schlechtesten passt, und machen sich wichtig. Silvester zum Beispiel ist doch eigentlich schon unerfreulich genug. Ein altes Jahr geht, ein neues kommt - was, bitte, soll daran so toll sein? Die längste Zeit hat 2015 einem gute Dienste geleistet und sich nie beklagt. Kaum aber sind zwölf Monate vorbei, soll das alles nichts mehr wert sein. Dabei hatte man sich gerade erst daran gewöhnt. Mal ehrlich, brauchen wir wirklich so oft einen Wechsel? Hätte es das alte Jahr nicht auch noch eine Weile getan? Gut, es mag ein wenig angegrabbelt sein und nicht mehr das schnellste. Aber muss es denn wirklich immer das Neueste vom Neuen sein? Und wozu überhaupt die ganze Hetze? Es läuft ja doch stets auf das Gleiche hinaus: Supermarktschlangen bis zur letzten Minute, von den Böller-Paketen wieder nur die aus Tschechien. Und beim Bleigießen auch diesmal die übliche Qualle. Ist eigentlich schon jemals festgestellt worden, dass die Figuren nach dem Schmelzen nie so gut aussehen wie davor? Man würde das neue Jahr manchmal gerne einfach wegdrücken wie einen unliebsamen Anrufer. Ganz ohne Willkommenskultur.

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