Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Gelegentlich kann man etwas lesen über Synästhetiker, deren Fähigkeiten den Nicht-Synästhetikern fremd und reizvoll vorkommen. Ihr Gehirn ist imstande, Sinneseindrücke zu verknüpfen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, das führt dazu, dass ihnen die Zahl Acht gelb erscheint oder dass der Buchstabe A nach Koriander duftet. So stand es neulich in der Welt, in dem Artikel kam auch eine Frau zu Wort, deren Woche sehr bunt ist. Der Samstag satt orange, der Sonntag wunderbar rot, der Montag russischgrün. Andere sehen das Sendlinger Tor in München, und gleich haben sie das Gefühl, das Sendlinger Tor schmecke nach Sahnebonbons. Die Weltsicht der Synästhetiker erzählt vor allem und in erster Linie: Der Mensch kann die Dinge sehen, wie er sie sehen will. Und wenn man im sauren Alltag besser besteht, weil man weiß, dass das Wort sauer grau ist und eine deutlich aufgeraute Oberfläche hat - ja, warum denn nicht? Nervig dagegen ist jede Form von Bevormundung, und da fällt wieder mal die werbende Wirtschaft unangenehm auf, die der Kundschaft gerade einbläuen will, am schwarzen Freitag kriege man alles billiger. "Black Friday" wird in den USA der Tag nach Thanksgiving genannt, da fangen die Amerikaner immer an, sich lustige Mützen mit Geweih aufzusetzen und den Weihnachtsplunder einzukaufen. Neuerdings hängen "Black Friday"-Schilder auch in deutschen Schaufenstern, und ein Elektrogroßmarkt behauptet, man befinde sich derzeit sogar in einer von Tiefstpreisen gekennzeichneten schwarzen Woche.

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