Glos zum Konjunkturprogramm:"Ziemlich sicher, dass Steuersenkungen dabei sind"

Wirtschaftsminister Glos macht den Bürgern nach dem Spitzentreffen in Berlin Hoffnung: Das für Ende Januar erwartete zweite Konjunkturpaket der Regierung werde wohl auch Steuersenkungen umfassen. Die Opposition kritisierte unterdessen das lange "Zögern" von Kanzlerin Merkel scharf.

Das für Ende Januar erwartete zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung wird nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Michael Glos auch Steuersenkungen umfassen. Er sei überzeugt, dass es schon bei dem Vorgespräch der Unionsparteien zur Koalitionsrunde Anfang Januar erste Weichenstellungen in diese Richtung geben werde, sagte der CSU-Politiker am Montag im ZDF. "Ich persönlich bin mir ziemlich sicher, dass auch Steuersenkungen dabei sein werden."

"Kaufkraft stärken": Michael Glos

"Kaufkraft stärken": Michael Glos

(Foto: Foto: dpa)

Die CSU fordert seit dem Sommer Steuersenkungen zur Ankurbelung der Konjunktur, ist damit bislang aber bei der Schwesterpartei CDU und der SPD auf Ablehnung gestoßen. Während sich in der CDU mittlerweile die Stimmen mehren, die auch Steuererleichterungen fordern, lehnt die SPD um Finanzminister Peer Steinbrück diese weiterhin ab.

Bei einem Krisentreffen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Banken und Wissenschaft unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich am Sonntagabend abgezeichnet, dass ein zweites Konjunkturpaket der Bundesregierung immer wahrscheinlicher wird. Der Schwerpunkt dürfte auf Infrastrukturinvestitionen liegen.

Bestandsaufnahme der Krisensymptome

In der Diskussion ist aber auch die Beseitigung der kalten Progression bei der Steuer. Darunter versteht man die vergleichsweise starke Belastung kleiner und mittlerer Einkommen.

Glos ordnete das siebenstündige Treffen vom Sonntag als "Bestandsaufnahme" der bisherigen Krisensymptome und Therapieansätze ein. Zum Versprechen der Wirtschaft, auf betriebsbedingte Kündigungen möglichst zu verzichten, sagte er: "Das ist keine Arbeitsplatzgarantie." Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Bundesagentur für Arbeit in der Lage sei, gegensteuernde Maßnahmen "länger durchhalten zu können, als das in der Vergangenheit möglich gewesen wäre". Deutschland sei darüberhinaus nicht so hoch verschuldet wie andere Länder.

Wegen ihrer starken Exportorientierung sei die deutsche Wirtschaft auch überdurchschnittlich von der globalen Krise betroffen. Da könne man "nur bescheiden im Inland dagegenhalten". Gleichwohl müsse das geschehen, und zwar mit Steuersenkungen.

Der Wirtschaftsminister bestritt, dass die Zurückhaltung von CDU und SPD in dieser Frage eine Niederlage für die CSU bedeute. "Überhaupt nicht", sagte Glos. "Ich bin sicher, dass wir uns am Schluss ein Stück weit durchsetzen." Der Staat müsse die "breite Kaufkraft derjenigen stärken, die jeden Morgen zur Arbeit gehen".

Kritik von den Linken

"Es ist bedauerlich, dass die Kanzlerin weiter zögert, ein wirksames Konjunkturprogramm aufzulegen, obwohl immer mehr Betriebe in die Insolvenz gehen oder Kurzarbeit anmelden müssen. Außer Spesen ist leider nichts gewesen", kommentierte Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linkspartei, das Spitzentreffen am Sonntag im Bundeskanzleramt.

Mit diesem Zögern sei die Kanzlerin für den Anstieg der Arbeitslosigkeit verantwortlich. Dieser Anstieg wäre durch sofortiges und beherztes Handeln vermeidbar, so Lafontaine.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle warf der Regierung vor, sie gehe jetzt offenbar fünf Wochen in Weihnachtspause und tue nichts. Miteinander reden sei immer gut. Nötig wäre aber schnelles Handeln, sagte er dem TV-Sender N24.

Zu dem nach dem Amtsantritt des gewählten US-Präsidenten Barack Obama in Aussicht gestellten zweiten Konjunkturpaket sagte er: "Auf Obama warten heißt, in Deutschland Chancen zu verspielen."

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christine Scheel, warf der Regierung Effekthascherei vor. "Ein gutes Event-Marketing, das muss man sagen, aber nette Bilder und keine Substanz bringen uns halt auch nicht weiter", sagte sie im WDR. Zur Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, am Donnerstag mit den Ministerpräsidenten über das Vorziehen von Infrastrukturinvestitionen zu sprechen, sagte Scheel, das hätte die Kanzlerin schon längst tun können.

Unterdessen begrüßten die Gewerkschaften den geplanten Verzicht großer Konzerne auf Entlassungen im kommenden Jahr. Das Spitzentreffen im Kanzleramt am Sonntagabend sei konstruktiv verlaufen, sagte der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, am Montag im Deutschlandradio Kultur. "Das war schon ganz ordentlich."

"Steuersenkungen sind falsch"

"In der Situation sind wir der Meinung: Man muss schnell handeln, man muss entschieden handeln und man muss klotzen", sagte DGB-Chef Michael Sommer am Montag. Dafür sollten etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Hand genommen werden, was ungefähr 50 bis 60 Milliarden Euro entspricht.

Sommer sagte im Deutschlandfunk, nötig seien kurzfristige Maßnahmen als Brücken hin zu längerfristigen Investitionen. "Dazu gehören sogenannte Konsumschecks, dazu gehören Abwrackprämien in der Autoindustrie." Steuersenkungen seien indes falsch, weil der Staat handlungsfähig bleiben müsse.

Sommer betonte, die Teilnehmer der Runde bei Kanzlerin Angela Merkel seien einig gewesen, "dass die Lage so ernst ist, wie wir sie in der Bundesrepublik Deutschland noch nie hatten". Alle erwarteten ein deutliches Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr.

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