Glos-Rücktritt:Ein Amt für sechs Monate

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Wer auch immer Glos beerben sollte: Nach der Bundestagswahl wird die CSU den Posten wohl nicht mehr besetzen können. Doch wer macht den Lückenbüßer?

Annette Ramelsberger

Ganz zum Schluss ist Michael Glos noch einmal etwas gelungen, was ihm vermutlich die größte persönliche Genugtuung bereitet: Er hat es geschafft, seinen Parteichef Horst Seehofer in Verlegenheit zu bringen.

Ausgerechnet Seehofer, der es liebt, als einsame Größe in der CSU zu glänzen und seine Leute durch raunende Hinterzimmerkritik zu zwergenhafter Bedeutung schrumpfen zu lassen - auch Glos. Ausgerechnet dieser Seehofer steht nun unter Zugzwang für die Suche nach einem Nachfolger für Glos.

Er kann es sich als Parteivorsitzender nicht leisten, dass mitten in einer großen Wirtschaftskrise der CSU-Wirtschaftsminister als "lame duck" dasteht und der Parteichef nicht sofort Ersatz präsentieren kann.

Auch wenn Seehofer am Samstag schmallippig erklärte, Glos habe sein Vertrauen, war allen klar: Dieses Manöver diente nur dazu, Zeit zu gewinnen. Am Sonntagabend war es dann doch soweit: Seehofer akzeptierte den Wunsch seines Ministers - und man einigte sich auf einen Nachfolger.

"Es gibt eine sehr gute Lösung, die ich sehr gut mittragen kann", sagte Glos. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, es habe eine Einigung "in allerbestem Einvernehmen, völlig zielsicher" gegeben. Am Montag werde der Name bekanntgegeben.

Blick auf den Regionalproporz

Gute Karten hat offenbar CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg - der eigentlich die Europa- und dann die Bundestagswahl managen soll. Die CSU-Spitze betrachtet ihn als geeigneten Kandidaten. Der 36-jährige Oberfranke war erst Anfang November Generalsekretär geworden. Guttenbergs Posten solle dann der niederbayerische CSU-Chef Manfred Weber übernehmen, hieß es.

Am späten Abend tauchte noch ein weiterer Name auf, nämlich der des bayerischen Finanzministers Georg Fahrenschon. Er ist erst seit drei Monaten im Amt und gilt als sehr sachkundig. Problematisch wäre seine Berufung für Seehofer aber, da Fahrenschon zum einen Oberbayer ist, was das Gefüge des in der CSU wichtigen Regionalproporzes durcheinanderbrächte.

Andererseits ist unklar, wer in der Landeshauptstadt dann Finanzminister werden könnte. Gerade weil dieser zurzeit das Milliardendebakel der Bayerischen Landesbank bewältigen muss.

Der Schrobenhauser Bau-Unternehmer Thomas Bauer dagegen, der als Wunschkandidat von Seehofer galt, wird vermutlich nicht von der Kanzlerin akzeptiert. Seehofer ist seit Monaten mit Bauer im Gespräch, doch eigentlich sollte dieser sich erst warmlaufen, um im Herbst für die CSU einen wichtigen Posten zu übernehmen.

Bauer gilt als gutes Gewissen der Unternehmer, er und Seehofer sind Brüder im Geiste des Herz-Jesu-Kapitalismus. Die Kanzlerin befürchtet zu Recht, dass ein Unternehmer ohne profunde politische Erfahrung im Kabinett zum Risiko werden könnte.

Opferbereiter Kandidat

Die Gefahr des Scheiterns ist groß. Das haben schon andere Wechsel aus der Wirtschaft in die Politik gezeigt - zum Beispiel der des Unternehmers Jost Stollmann, den Gerhard Schröder 1998 in die Politik holte, und der schnell resignierte.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die CSU im Herbst das Wirtschaftsministerium der FDP abtreten muss, ist groß. Wer also gibt für einen Sechs-Monats-Abstecher ins Ministerium sein Amt auf? Ganz gewiss tut das Ramsauer nicht, der ja auf seinen Posten als Chef der Landesgruppe hätte verzichten müssen.

Er ist seit seinem schlechten Abschneiden auf dem Parteitag und seiner lange ungeklärten Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl so geschwächt, dass manche meinten, seine Gegenwehr könnte beschränkt sein. Doch Ramsauer hat bereits intern seinen Verzicht erklärt.

Ebenfalls zeitwilig im Gespräch: Umweltminister Markus Söder, der für jedes Amt gut erscheint, sich aber gefragt haben wird, wie sein Dienst im Bund belohnt würde.

Eine Option für Seehofer wäre auch noch Ex-CSU-Chef Erwin Huber. Ein Fachmann allemal und einer, den die Kanzlerin schätzt. Die ist schon genug vergrätzt über die CSU. Huber hat einmal gesagt, er würde für die CSU alles tun. Vermutlich würde er sich sogar sechs Monate lang in Berlin reinhängen und klaglos wieder abtreten.

© SZ vom 09.02.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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