Gipfeltreffen in Seoul:Annäherung in Asien

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Man trifft sich wieder, nach drei Jahren: Der japanische Premier Shinzo Abe, Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye und der chinesische Premierminister Li Keqiang. (Foto: dpa)
  • Südkorea, Japan und China sind auf einem Gipfeltreffen zusammengekommen, es war das erste seit drei Jahren.
  • Die drei Länder haben sich darauf verständigt, wirtschaftlich enger zu kooperieren, Gespräche über Freihandel sollen beschleunigt werden.
  • Seit dem Antritt des japanischen Premiers Shinzo Abé hatte es immer wieder Zerwürfnisse zwischen den drei Ländern gegeben - Südkorea und China werfen ihm Geschichtsverklärung vor.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Konfliktträchtige Beziehungen

Südkorea, Japan und China wollen sich über engere Wirtschaftsbeziehungen auch politisch wieder annähern. Auf ihrem ersten Gipfeltreffen seit drei Jahren versprachen Japans Premier Shinzo Abe, Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye und Chinas Regierungschef Li Keqiang am Sonntag, ihre Spannungen zu entschärfen. Man wolle "der Geschichte direkt ins Auge blicken und in die Zukunft voranschreiten", hieß es in der gemeinsamen Erklärung der drei asiatischen Regionalmächte. Konkret wollen sie zunächst ihre Gespräche über Freihandel beschleunigen, um wirtschaftlich enger zu kooperieren.

Die Beziehungen zwischen Japan, Südkorea und China sind seit dem Amtsantritt des japanischen Ministerpräsidenten Abe Ende 2012 konfliktträchtig. Direkte Gespräche auf höchster politischer Ebene gab es seither nicht. Südkorea und China werfen Abe vor, japanische Gräueltaten des 20. Jahrhunderts zu verharmlosen. Zugleich trüben aktuelle Gebietsstreitigkeiten das Verhältnis.

Das Gipfeltreffen ist vor allem auf Betreiben eines Mannes zustande gekommen, der am Sonntag in Südkorea nicht dabei war: Toshihiro Nikai. Der 76-jährige frühere japanische Minister hat Peking und Seoul in persönlichen Gesprächen davon überzeugt, sich mit Premier Abe an einen Tisch zu setzen, obwohl dieser nicht von seinen nationalistischen Verzerrungen der Geschichte abweicht, die Seoul und Peking verärgern. Die drei Nationen hätten keine Alternative zu regelmäßigen Verhandlungen, kommentierte er den Gipfel auf seinem Blog. Nikai sitzt seit fast dreißig Jahren im Unterhaus. Als die Japaner 2009 eine große Zahl der Abgeordneten von Abes Liberaldemokratischer Partei (LDP) abwählten, behielt er sein Mandat. In der Parteispitze der LDP ist er der Einzige, der Abes Positionen offen kritisiert. Dabei vermeidet er es freilich konsequent, den Premier beim Namen zu nennen.

Japans Wirtschaft braucht China

Er stimme den Koreanern zu, sagt Nikai, die Frage der Sexsklavinnen im Zweiten Weltkrieg müsse bald gelöst werden. Natürlich müsse Japan sich entschuldigen. "Die Mehrheit der Japaner versteht das." Zum Territorialstreit um die Senkaku-Inseln meint er: "Es ist weise, sich darauf zu einigen, eine Lösung auf die Zukunft zu verschieben. Viele im Parlament denken so." Dass sich der frühere japanische Premier Kakuei Tanaka, später sein politischer Mentor, mit den Chinesen 1972 genau darauf geeinigt hatte, was die japanische Regierung heute abstreitet, will er nicht bestätigen. Damit würde er den Bogen überspannen. Aber er unterstreicht die Weisheit Tanakas. Zum Yasukuni-Schrein, mit dem Japan seine Kriegstoten, auch Kriegsverbrecher, als Helden verehrt, sagt er: "Wir müssen eine Lösung suchen, viele Leute finden das. Aber bitte gebt uns noch etwas Zeit."

Japans Wirtschaft braucht China, sie drängt Abe, die Beziehungen zu verbessern. Zudem setzten die USA Tokio und Seoul unter Druck, sich als Verbündete Washingtons zu vertragen. Da kam Abe der Ex-Minister Nikai gerade recht, dem sich in Seoul und Peking Türen öffnen, die dem Premier bisher verschlossen blieben.

Um die Beziehungen zwischen den drei Ländern zu verbessern, so sagt Nikai, seien persönliche Kontakte das Wichtigste, nicht nur zwischen Politikern, sondern auch zwischen den Zivilgesellschaften. Wie gut, dass sich die Zahl der chinesischen Touristen, die nach Japan reisen, in diesem Jahr verdoppeln wird. Fast fünf Millionen sollen es werden. Denn die Chinesen geben mehr Geld aus als jede andere Besuchergruppe. So sind sie für die schwächelnde Wirtschaft ein wichtiger Faktor geworden.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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