Gipfeltreffen:Die schrecklichen Zwei

Der US-Präsident trifft den russischen Präsidenten - das könnte ein Grund sein, auf Entspannung zu hoffen. Im Falle von Trump und Putin allerdings hat Europa Grund zu schlimmsten Befürchtungen.

Von Stefan Ulrich

Ein kleines Ja und ein großes Aber, so muss die Reaktion Europas auf das geplante Gipfeltreffen zwischen US-Präsidenten Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausfallen. Ja, es ist im Prinzip gut, wenn sich die Anführer der beiden größten gegnerischen Atommächte zusammensetzen, um über ihre Streitpunkte zu sprechen. Der Syrien- und der Ukrainekrieg zum Beispiel werden sich nur befrieden lassen, falls Washington und Moskau dabei mitmachen. Und eine weitere Aufrüstung ist allenfalls dann zu stoppen, wenn zwischen den USA und Russland wieder ein Minimum an Vertrauen entsteht.

Das Problem liegt also nicht darin, dass sich jetzt irgendein US-Präsident mit Putin in Helsinki treffen will, sondern darin, dass es ausgerechnet dieser tut. Bei früheren amerikanisch-russischen Begegnungen trat der Herr des Weißen Hauses als Vertreter der ganzen westlichen Welt auf. Donald Trump jedoch vertritt nicht mehr die Interessen der Partner. Im Gegenteil. Genauso wie Putin betreibt er eine aggressiv-nationalistische Politik, zu der es gehört, die Europäische Union zu schwächen. Das ist neu. Die EU muss damit rechnen, dass die USA und Russland über ihre Köpfe und Interessen hinweg Deals schließen. Das kann brandgefährlich werden.

Die bisherigen Erfahrungen mit Trump sind beunruhigend genug. Bei der Aufkündigung des Klimaabkommens und des Iran-Deals bewies der US-Präsident, dass er sich keinen Deut um die Ansichten der Europäer schert. Vielmehr machte er sich geradezu lustvoll daran, diese zu düpieren. Seine Bekenntnisse zur Nato, dem bislang festen Boden des freien Westens, wirken gequält. Und dass Trump nonchalant Militärmanöver mit Verbündeten abbläst, um einem Diktator zu gefallen, hat er gerade nach seinem Treffen mit dem nordkoreanischen Despoten Kim Jong-un bewiesen. Ein Showeffekt scheint dem mächtigsten Mann der Welt wichtiger zu sein als die Sicherheit alter Freunde, in diesem Fall Südkoreas.

Beunruhigend ist auch das wenig transparente Verhältnis Trumps zu Russland und Putin. Nach außen hin tritt der US-Präsident oft robust bis martialisch auf. Doch dann wieder fordert er ohne Absprache mit den Verbündeten eine Wiederaufnahme Russlands in die G-7-Gruppe. Zudem prüft ein US-Sonderermittler, inwieweit sich Russland in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eingemischt hat - zugunsten Trumps und womöglich im Zusammenwirken mit dessen Wahlkampfteam. Auch steht der Verdacht im Raum, dass Trump einst als Geschäftsmann indirekt von Finanzzuwendungen Putin-naher russischer Geschäftsleute profitierte.

Verstörend ist schließlich, dass es zwar noch die klassische US-Politik gegenüber Europa (verbündet) und Russland (potenziell gegnerisch) gibt, die auch von Teilen der Regierung in Washington vertreten wird. Daneben aber scheint Trump eine eigene Agenda gegenüber der EU (gegnerisch) und Russland (möglicher Dealpartner) zu verfolgen. Das macht es für Nato und EU so schwierig, sich auf die neue Politik des Weißen Hauses einzustellen.

Klug wäre es jedenfalls, sich auf die schlimmstmögliche Wendung vorzubereiten: Trump verrät den Westen und paktiert - zumindest heimlich und teilweise - mit Russland. Die Europäer wären dann auf sich allein gestellt. Das sollten alle Staaten und Parteien innerhalb der EU bedenken, die Europa derzeit schwächen.

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