Gewalt von Rechts:Morddrohungen gegen Bürgermeister

Nach Passau nun Warin? In einem rechtsextremen Internetforum sind massive Drohungen gegen einen unbequemen mecklenburgischen Bürgermeister aufgetaucht.

Birgit Lutz-Temsch

Die Messerattacke auf den Passauer Polizeichef war unter Umständen nur der Beginn einer neuen Dimension der rechtsextremen Bedrohung: In einem rechtsextremen Internetforum sind verklausulierte Morddrohungen gegen den Bürgermeister der westmecklenburgischen Kleinstadt Warin (Kreis Nordwestmecklenburg) entdeckt worden. Wie auch der Passauer Polizeichef stand der Wariner Bürgermeister Planungen von Rechtsextremen im Wege: Der Parteilose Hans-Peter Gossel hat einen beabsichtigten Immobilienkauf der so genannten Interim Partei Deutschland (IPD) in Warin durchkreuzt.

Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Schleswig-Holstein soll diese Partei "Bezüge zum Rechtsradikalismus" haben. Ein Sprecher des Innenministeriums in Kiel konnte das am Sonntag nicht bestätigen; mittlerweile recherchiert das mecklenburgische Innenministerium in dieser Richtung, weil man in Schwerin vermutet, die IPD, die ihren Sitz in Hamburg hat, wolle in dem östlichen Bundesland eigene Strukturen aufbauen.

Der Wariner Bürgermeister will laut NDR die Ansiedlung der IPD in der Kleinstadt verhindern. Die Stadtvertretung weigerte sich, deren beabsichtigten Hauskauf ins Grundbuch einzutragen. Nach Angaben Gossels will die Stadt Warin von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und das Haus selbst von einem Privateigentümer erwerben. Anschließend solle das Gebäude abgerissen werden, um die schwierige Verkehrsinfrastruktur an dieser Stelle zu verbessern.

Die Morddrohung gegen Gossel war am 20. Dezember im Forum der Internetseite Altermedia Deutschland - Störtebeker-Netz aufgetaucht, einem virtuellen Treffpunkt für Neonazis jedweder Provenienz. Dort schrieb der User "Wetekamp": "Aufpassen!!! Hoch-Zeit der Lebkuchenmesser!! Das nächste Opfer stellt sich zur Verfügung! Gossel? Kommt von Gössel - Gans. Weihnachtszeit, Weichnachtsgänsezeit..."

Ein Freund Gossels hatte die Morddrohung entdeckt und ihn umgehend informiert. Gossel erstattete Anzeite, die Polizei fährt nun Streife um sein Haus, aber so richtig sicher fühlt sich Gossel nicht. "Ich fühle mich alleingelassen", sagte er der SZ, man habe ihm geraten, erstmal abzutauchen.

Zwar beteuert die Polizei laut einer Sprecherin in Schwerin, man nehme die Sache sehr ernst, aber beim Lagezentrum im Schweriner Innenministerium weiß man von der Angelegenheit wenig und informiert sich, wie Gossel selbst, aus dem Internet.

Deutschlands alte Grenzen

Das "vorwiegende Ziel der Interim Partei Deutschland" ist laut der wirren Informationen auf deren Internetseite "die Wiederherstellung der absoluten Rechtsicherheiten von über 80 Millionen Deutschen Bürgern". Ein genaues Parteiprogramm könne "aus Gründen der Sicherheit vor Verfälschung leider nicht vollständig präsentiert werden." Als Sitz der Partei wird Hamburg angegeben, als erster Vorsitzender fungiert ein Edgar R. Ludowici, Ph.D., der sich Graf von Roit zu Hoya nennt.

Laut Hamburger Abendblatt behaupten die Anhänger der Partei, das Deutsche Reich bestehe noch. Die bundesweite Zentrale befinde sich in einer abgelegenen Villa in Großhansdorf im Kreis Stormarn, in dem wöchentliche Treffen abgehalten würden. Am Eingang der Villa zeige eine Stelltafel Landkarten eines großdeutschen Reiches.

Wohl als Antwort auf den Bericht des NDR veröffentlichte dieser in einem Forum auf der IPD-Seite folgendes Posting: "Die etablierten Hochverräter am und gegen das deutsche Volk wissen keine anderen Mittel mehr, als durch Falschmeldungen, Hetzpropaganda, an den Haaren herbei gezogener und falscher Berichterstattung der Flut der Wahrheit entgegen zu treten."

Mit orthographischen Fehlern gespickt fährt er fort: "Hetze war im dritten Reich ein probates Mittel um die jüdische Bevölkerung zu denunzieren, zu defamieren und zu guter Letzt zu 'Opfern' , was sicherlich keinen Menschen entgangen sein wird. Der Faschismus unter deem Deckmantel angeblicher Demokratie tanzt hier einen Feittanz erster Klasse, was alles schon einmmal dagewesen ist."

Polizeigewerkschaft fordert härtere Strafen

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sieht in der Passauer Messer-Attacke eine neue Strategie der Rechtsextremen: "Gewaltbereite Neonazis greifen zunehmend Polizisten an. Das ist eine neue Strategie", sagte Freiberg der Welt am Sonntag. Er forderte eine höhere Polizeipräsenz in den Ländern. "Rechtsextreme müssen sich beobachtet fühlen", sagte Freiberg. Es müsse vor allem mehr Internet-Ermittler geben.

Freiberg verlangte zudem ein härteres Vorgehen der Justiz gegen Rechtsextreme. "Nötig ist eine deutliche Abschreckung", sagte er und fügte hinzu: "Die Strafen für rechtsextreme Gewalttäter nicht mehr auf Bewährung auszusetzen, ist ein wichtiges Signal gegen Rechtsextremismus." Eine entsprechende Bundesratsinitiative von Sachsen-Anhalt und Brandenburg werde von der Polizei unterstützt. Bei der Ursachenbekämpfung sei es allerdings sehr wichtig, dass die Gesellschaft insgesamt Flagge zeige.

Der Passauer Polizeichef war am 13. Dezember an der Tür seines Wohnhauses in Fürstenzell mit den Worten "Viele Grüße vom nationalen Widerstand" niedergestochen und schwer verletzt worden. Unter Mannichls Leitung war die Polizei im Landkreis Passau in der Vergangenheit immer wieder gegen Neonazis vorgegangen. Die Ermittler vermuten deshalb einen Racheakt von Rechtsextremisten.

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