Gewalt in Syrien:Zwei westliche Journalisten in Homs getötet

In der syrischen Protesthochburg Homs sollen eine US-amerikanische Redakteurin und ein französischer Fotograf getötet worden sein. Die beiden Journalisten seien von einer Rakete getroffen worden, berichten Aktivisten.

In Syrien sind nach Angaben von Aktivisten zwei westliche Journalisten ums Leben gekommen. Sie seien beim Beschuss der Oppositionshochburg Homs durch syrische Streitkräfte getötet worden, berichteten Augenzeugen und die in London ansässige Syrische Beobachtungsgruppe für Menschenrechte.

Es handele sich um die US-amerikanische Redakteurin Marie Colvin und den französischen Fotografen Remi Ochlik. Die Journalisten seien bei einem Angriff auf das seit Wochen belagerte Viertel Baba Amro ums Leben gekommen, sagte der Leiter der Organisation, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur dpa. Aktivisten berichteten, dass beide ein Medienzentrum der Oppositionellen besucht hätten, als dieses mit Granaten attackiert worden sei. Zudem sollen drei oder vier weitere ausländische Journalisten verletzt worden sein.

Colvin arbeitete für die britische Sunday Times. Beide Journalisten galten als erfahrene Berichterstatter. Sie waren zuvor bereits in mehreren Kriegsgebieten gewesen.

Homs steht seit dem 4. Februar unter Dauerbeschuss der syrischen Armee. Mitte Januar war in der Stadt der französische Fernsehjournalist Gilles Jacquier getötet worden, als eine Granate nahe einer Gruppe von Journalisten einschlug. Er war der erste in Syrien getötete westliche Journalist seit Beginn der Proteste gegen Assad Mitte März. Jacquier befand sich zusammen mit anderen Journalisten auf einer von den syrischen Behörden genehmigten Reise. Welches Lager die Granate abfeuerte, ist unklar.

Gezielte Tötungen von Zivilisten

Nach Angaben der Opposition haben syrische Regierungstruppen zudem im Norden des Landes 27 junge Männer gezielt getötet. Nach Informationen des oppositionellen syrischen Netzwerkes für Menschenrechte wurden die Männer verfolgt und nach ihrer Festsetzung erschossen. Die Taten hätten sich in den drei Dörfern Idita, Iblin und Balschon in der nördlichen Provinz Idlib an der Grenze zur Türkei ereignet.

Bei den Toten handele es sich ausschließlich um Zivilisten. Die meisten seien durch Schüsse in den Kopf oder die Brust getötet worden. Das Netzwerk für Menschenrechte sprach von einem Massaker. Am Dienstag hatten die USA erstmals die Möglichkeit angedeutet, die syrische Opposition militärisch zu unterstützen.

In Syrien sind seit Beginn der Proteste gegen Staatschef Baschar al-Assad vor knapp einem Jahr nach neuesten Angaben von Menschenrechtlern mehr als 7600 Menschen getötet worden. Unter den insgesamt 7636 Toten seien mehr als 5500 Zivilisten, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zudem seien fast 1700 Soldaten und Sicherheitskräfte sowie fast 400 Deserteure getötet worden.

Nach Ansicht des oppositionellen Nationalrats (SNC) zeichnet sich eine Militärintervention als in Syrien einzige Lösung für den Konflikt im Land ab. Der Rat neige immer mehr dieser Einschätzung zu, sagte SNC-Führungsmitglied Basma Kodmani in Paris. "Es gibt zwei Übel: Eine Militärintervention oder ein sich hinschleppender Bürgerkrieg."

Humanitäre Notlage in Syrien

Der Rat fordere Russland auf, sich bei der syrischen Regierung für die Schaffung sicherer Korridore für Hilfslieferungen einzusetzen, sagte Kodmani. Außerdem solle Ägypten den Transport von Waffen an Syrien durch den Suez-Kanal unterbinden.

Das Rote Kreuz bekräftigte angesichts der humanitären Notlage in Syrien seine Forderung nach einer Waffenruhe vom Vortag. "Die gegenwärtige Situation macht eine sofortige Entscheidung nötig, die Kämpfe aus humanitären Gründen auszusetzen", erklärte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, in Genf.

In der umkämpften Stadt Homs und anderen Gebieten Syriens "sitzen ganze Familien seit Tagen in ihren Häusern fest, ohne nach draußen zu können, um Brot, andere Nahrung oder Wasser besorgen oder medizinische Hilfe bekommen zu können", sagte Kellenberger laut einer IKRK-Mitteilung.

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