Gewalt in Syrien:Protesthochburg Hama wieder unter Beschuss - EU verhängt weitere Sanktionen

Die syrischen Streitkräfte gehen den zweiten Tag in Folge massiv gegen die Stadt Hama vor. Aktivisten berichten von Panzerangriffen und Razzien durch Regierungstruppen. Die EU zeigte sich entsetzt über das blutige Vorgehen der Regierung von Präsident Assad - und verhängte neue Sanktionen.

Syrische Regierungstruppen haben nach Angaben von Aktivisten ihre massiven Angriffe auf die Protesthochburg Hama am Montag fortgesetzt. Sicherheitskräfte in Panzern hätten gegen 7.30 Uhr (Ortszeit) das Feuer auf die Stadt eröffnet, sagte der in Hama ansässige Aktivist Omar Hamawi. Zuvor sei es in der Nacht zu sporadischen Schießereien gekommen. Ein anderer Aktivist, Mustafa Osso, bestätigte den Angriff auf Hama.

Crackdown on pro-democracy protesters in Hama

Dichter Rauch hängt nach einem Angriff der syrischen Armee über der Stadt Hama: TV-Bild des Fernsehsenders Al Arabiya.

(Foto: dpa)

Wie das in London ansässige Beobachtungszentrum für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights) mitteilte, wurden dabei zwei weitere Menschen getötet. Sie seien bei Razzien der Sicherheitskräfte umgekommen, sagte der Leiter des Zentrums, Rami Abdul-Rahman. Auch in der östlichen Stadt Deir al-Sour habe es in der Nacht heftige Schießereien gegeben, teilte er weiter mit.

Bei Angriffen der Sicherheitskräfte auf Hochburgen des Widerstands waren am Sonntag mindestens 70, anderen Angaben zufolge bis zu 140 Menschen getötet worden. Die Heereszeitung As Schaab zitierte Präsident Baschar al-Assad mit den Worten, er sei zuversichtlich, dass seine Regierung den Aufstand unter Kontrolle bringen werde. Die Proteste zielten darauf ab, zunächst das Land und dann die gesamte Region zu fragmentieren.

Der syrische Generalleutnant Riad Haddad, sagte, in seinem Land werde "das Kapitel der Verschwörung" geschlossen. Den Militäreinsatz in einigen Städten bezeichnete er als "unabdingbare Notwendigkeit", um die Sicherheit und Stabilität des Landes zu verteidigen.

Angesichts des massiven Vorgehens der syrischen Führung verhängte die Europäische Union weitere Sanktionen gegen das Regime von Staatschef Assad. Das Vermögen weiterer fünf syrischer Regierungsvertreter werde eingefroren, erklärte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Zudem würden ihnen Reisebeschränkungen auferlegt. Die Namen der betroffenen Personen sollen am Dienstag bekanntgegeben werden.

Das Vorgehen des Militärs zeige, "dass die syrische Führung nicht bereit ist, die versprochenen Reformen als Antwort auf die legitimen Wünsche des syrischen Volkes umzusetzen", heißt es in einer Erklärung Ashtons. Sie bezog sich darin auf das brutale Vorgehen der Regierung gegen die Opposition. "Ich möchte die syrischen Behörden an ihre Verpflichtung zum Schutz der Bevölkerung erinnern." Ashton forderte die syrische Regierung auf, Demonstrationen zu erlauben und alle politischen Gefangenen freizulassen. Die neuen Sanktionen sollen Dienstag im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden und dann offiziell in Kraft treten.

Merkel fordert Ende der Gewalt

Die EU hat in mittlerweile drei Sanktionsrunden Strafmaßnahmen gegen Assad, seine Vertrauten und mehrere Unternehmen verhängt. Betroffen davon sind auch die iranischen Revolutionsgarden, denen die Unterstützung von Damaskus bei der Niederschlagung des Aufstandes vorgeworfen wird.

Auch die Bundesregierung setzte sich für eine weitere Runde von EU-Sanktionen gegen Syrien ein. Nach dem neuerlichen blutigen Vorgehen der syrischen Streitkräfte gegen Demonstranten forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Führung in Damaskus zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf.

Merkel verurteile "das Vorgehen der syrischen Regierung gegen die eigene Zivilbevölkerung auf das Schärfste", sagte Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. "Die Bundeskanzlerin fordert Staatspräsident Assad in aller Deutlichkeit auf, die Gewalt gegen das eigene Volk unverzüglich einzustellen."

Außenamtssprecher Martin Schäfer sprach von einem "Krieg gegen das eigene Volk". Auf die Frage, ob die die Bundesregierung den Rücktritt Assads fordern werde, sagte Schäfer: "Selbstverständlich ist keine Option ausgeschlossen." Es erscheine angesichts der jüngsten Entwicklung "schwer vorstellbar", dass "das syrische Regime unter Führung von Präsident Assad seine Arbeit fortsetzen kann, wenn es zu keinerlei Wandel kommt".

Zuvor hatte Deutschland bei den Vereinten Nationen bereits eine Sitzung des Weltsicherheitsrats gefordert. Beratungen in New York werden für Montagnachmittag erwartet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ein Ende der Gewalt. Er erinnerte die syrischen Staatsorgane daran, dass sie nach internationalem Recht alle von ihnen an der Zivilbevölkerung verübten Gewalttaten zu verantworten hätten.

Das britische Außenministerium erklärte, es bestehe keinerlei Aussicht auf eine internationale Militärintervention in Syrien. Es sollte härterer Sanktionen gegen die Regierung von Präsident Assad geben, doch eine Militäraktion sei nicht im Entferntesten möglich, sagte Außenminister William Hague der BBC. Sanktionen dürften zudem nicht nur von westlichen Staaten kommen, auch arabische Länder und Regionalmächte wie die Türkei müssten sich daran beteiligen.

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