Gewalt in Syrien:Drei Tage vor der Waffenruhe müssen 100 Menschen sterben

Mehr als 100 Tote, unverminderte Gewalt gegen Zivilisten und weitere Kämpfe zwischen Truppen von Präsident Assad und Deserteuren: Das ist die Bilanz in Syrien für den Samstag, kurz bevor die vereinbarte Waffenruhe in Kraft treten soll - Aktivisten berichten sogar von Erschießungen.

In Syrien geht das Regime ungeachtet der für kommende Woche vereinbarten Waffenruhe weiter mit brutaler Gewalt gegen die Opposition vor. Mehr als 100 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, kamen am Samstag nach einer Zählung von Aktivisten landesweit ums Leben.

Die Staatsmacht verfolge die Gegner von Präsident Baschar al-Assad mit "unverminderter Härte", sagte der Leiter der in London ansässigen syrischen Beobachtungsgruppe für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur dpa.

Die Staatsführung hatte auf Drängen der Vereinten Nationen eingewilligt, ab Dienstag die Waffen ruhen zu lassen. Nach den Angaben starben am Samstag landesweit 70 Zivilisten sowie 33 Angehörige der Sicherheitskräfte.

Die Opposition berichtete zudem, dass Regimegegner in al-Latmana, einem Vorort der Oppositionshochburg Hama, hingerichtet worden seien. "Junge Männer wurden vor Mauern aufgestellt und erschossen", berichtete der Aktivist Saleh al-Hamawi. Wegen der Medienblockade sind Meldungen aus Syrien von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte zuletzt die syrische Führung aufgefordert, umgehend und ohne Vorbedingungen alle Militäroperationen gegen die syrische Bevölkerung zu beenden. Ban verurteilte nach Angaben seines Sprechers am Freitagabend (Ortszeit) in New York das Vorgehen des Regimes und sagte, der vom Weltsicherheitsrat unterstützte Zeitplan für eine Waffenruhe in wenigen Tagen sei keine Rechtfertigung für weiteres Töten. Am Dienstag sollen ab 6.00 Uhr Ortszeit (5.00 Uhr MESZ) in Syrien die Waffen schweigen - knapp 13 Monate nach Beginn des Konflikts.

Diplomaten zweifeln an Waffenruhe

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind während des Aufstandes gegen das Regime von Präsident Assad bislang mehr als 9000 Menschen gestorben. Viele Diplomaten bezweifeln, dass ab Dienstag in Syrien Ruhe einkehren wird. Sie verweisen darauf, dass die syrische Führung bereits in der Vergangenheit ihre Versprechen nicht gehalten und auf Zeit gespielt hat.

Die Regierungstruppen setzten ihre Offensive in den Protesthochburgen fort. Aktivisten teilten mit, dass mehr als 40 Menschen starben, als regimetreue Soldaten die Region al-Latmana in der Provinz Hama zunächst unter Beschuss nahmen und später stürmten. Nach Angaben der syrischen Menschenrechtsbeobachter gab es zudem in Tibat al-Imam, außerhalb der Stadt Hama, sowie in der Region al-Kusair nahe der Stadt Homs Tote.

Auch die Kämpfe zwischen regimetreuen Soldaten und Rebellen gingen weiter. Oppositionelle meldeten einen Angriff von Deserteuren auf einen Militärflughafen außerhalb der Stadt Aleppo. In Idlib habe es zudem erneut Kämpfe zwischen Assad-treuen Militärs und fahnenflüchtigen Soldaten gegeben.

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