Gewalt in Syrien:Assads Kampfhubschrauber beschießen Vororte von Damaskus

"Es ist das erste Mal, dass Damaskus so massiv bombardiert wird": In der syrischen Hauptstadt lässt das Assad-Regime nach Angaben der Opposition Wohnviertel mit Kampfhubschraubern beschießen. Auch in Aleppo, der größten Stadt des Landes, gibt es heftige Kämpfe zwischen Regierung und Rebellen. 30.000 Menschen sind innerhalb von zwei Tagen vor dem Bürgerkrieg geflüchtet.

In der syrischen Hauptstadt Damaskus sollen nach Berichten von Augenzeugen Kampfhubschrauber zwei Vororte, die zuvor von Rebellen gehalten wurden, mit Raketen beschossen haben. "Es gibt heftige Explosionen", sagte ein syrischer Journalist dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira. "Es ist das erste Mal, dass Damaskus dermaßen massiv bombardiert wird." Aktivisten teilten mit, dass es zahlreiche Opfer gegeben habe.

In der Stadt Aleppo haben die syrischen Rebellen nach eigenen Angaben eine Befreiungsaktion begonnen. Aktivisten veröffentlichten auf der Videoplattform YouTube eine Stellungnahme des Rebellenkommandeurs Oberst Abdul Dschabbar Mohammed Akidi, in der er erklärt, der Befehl zum Einmarsch sei erteilt worden.

Die in London ansässige syrische Beobachtungsstelle und der Aktivist Mohammed Said erklärten, in mehreren Stadtteilen werde gekämpft. Bisher stand Aleppo, die bevölkerungsreichste Stadt des Landes mit knapp 1,7 Millionen Einwohnern, loyal zum syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und blieb von den Unruhen im Land weitgehend verschont.

Said berichtete, zahlreiche Rebellen der Freien Syrischen Armee seien nach Aleppo gekommen und kämpften nun gegen Regierungssoldaten. Rebellenkommandeur Akidi sagte, Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten in der Stadt hätten nichts zu befürchten. Dies gelte auch für die Religionsgemeinschaft der Alawiten, der Assad angehört. "Unser Krieg ist nicht mit euch, sondern mit der Assad-Familie", sagte er.

Kampfhubschrauber in Damaskus

Seit Beginn des Konflikts im März vergangenen Jahres sind in Syrien nach Angaben von Aktivisten mehr als 19.000 Menschen umgekommen, darunter 13.000 Zivilisten. Allein im Juli seien bis jetzt mehr als 2.700 Menschen getötet worden, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

Vor den Folgen des Bürgerkriegs sind nach Angaben des Roten Kreuz binnen zwei Tagen 30.000 Menschen über die Grenze in den Libanon geflüchtet. Viele fänden dort bei Verwandten oder Bekannten Unterschlupf, berichtete ein Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Beirut. Die Versorgungslage habe sich durch die Kämpfe auch in der Hauptstadt stark verschlechtert. Viele Geschäfte hätten geschlossen, es fehle an Milch für Kinder, Hygieneartikeln und Medikamenten.

Israel besorgt wegen syrischer Waffenarsenale

Angesichts der Gewalteskalation in Syrien hat Italien seine Bürger zum Verlassen des Landes aufgefordert. Das italienische Außenministerium teilte mit, die Maßnahme sei notwendig, da sich die Sicherheitslage zunehmend verschlimmere. Vergangene Woche hatte Italien bereits eine Reisewarnung ausgegeben. Im März hatte die Regierung bereits ihre Botschaft in Damaskus geschlossen.

Vor dem Hintergrund der Unruhen in Syrien befürchtet Israel, dass Chemiewaffen oder Raketen des Regimes in die Hände der libanesischen Hisbollah-Miliz oder der al-Qaida gelangen könnten. Die israelischen Streitkräfte seien bereit, dies mit einem Angriff auf die syrischen Waffenarsenale zu verhindern, sagte Verteidigungsminister Ehud Barak in einem Fernsehinterview. Er habe Anweisung gegeben, sich auf einen solchen Fall vorzubereiten.

Die Arabische Liga will am späten Sonntagabend in der katarischen Hauptstadt Doha über die Krise in Syrien beraten. Das Syrien-Komitee der Liga soll sich dabei auf Außenminister-Ebene treffen. Beobachter gehen davon aus, dass die Teilnehmer heftige Kritik am Friedensplan des UN-Vermittlers Kofi Annan üben werden.

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