Gewalt gegen Zivilisten in Syrien:Assad verhöhnt die Weltgemeinschaft

Syriens Präsident Assad nimmt die Unterstützung aus Moskau und die russisch-chinesische Blockade gegen eine UN-Resolution als Lizenz zum Töten. Jetzt ist Wladimir Putin gefragt, den Druck auf das Regime in Damaskus zu erhöhen, um die Gewalt zu beenden. Eine weitere Verschärfung der Sanktionen kann das Regime zwar zermürben, ein Mittel gegen akuten Massenmord ist sie jedoch nicht.

Daniel Brössler

An diesem Montag treffen sich in New York die Außenminister des Sicherheitsrates, um über die Lage in Syrien zu sprechen. Es wird dies kein Treffen sein der Vereinten, sondern der verhöhnten Nationen.

Syria's President Bashar al-Assad meets U.N.-Arab League envoy Kofi Annan, in Damascus

Während Baschar al-Assad Kofi Annan empfing, mordeten seine Schergen weiter.

(Foto: REUTERS)

Syriens Präsident Baschar al-Assad empfängt den UN-Sondergesandten Kofi Annan, und zugleich morden seine Schergen in Idlib, in Aleppo, in Latakia und anderswo. Assad sieht keinen Anlass, die Vereinten Nationen zu respektieren. Das Jahr der Gewalt in Syrien war ein Jahr der Macht- und Sprachlosigkeit der Weltorganisation. Der Russe Sergej Lawrow, die Amerikanerin Hillary Clinton, der Deutsche Guido Westerwelle - sie treten vor die Augen einer angewiderten Weltöffentlichkeit.

Das ist die Lage. Aber wo ist die Lösung? Die Außenminister der Europäischen Union haben sich in Kopenhagen dafür ausgesprochen, die Sanktionen gegen das Regime in Damaskus weiter zu verschärfen. Sanktionen sind gut gegen die Wut. Sie geben den Ohnmächtigen das Gefühl, dass sie handeln. Sanktionen strafen die Täter, aber sie richten nichts aus gegen die Taten. Jedenfalls nicht kurzfristig. Ausdauernd und konsequent angewendet, können Sanktionen ein Regime zermürben. Ein Mittel gegen akuten Massenmord waren sie nie. Westerwelle und die anderen Europäer wissen das, und sie sollten es auch zugeben.

In der außenpolitischen Gemeinde Washingtons und in Teilen der arabischen Welt wird derweil über "militärische Optionen" gesprochen. Gemeint sind Waffenlieferungen an die Opposition (die es ohnehin schon gibt) sowie Schutz- und Flugverbotszonen. Ihr Ziel soll es sein, die Kräfteverhältnisse in Syrien zu ändern. Der Wunsch, der wehrlosen Opposition zu helfen, ist nachvollziehbar. In einer Ausgangslage, die sich stark von jener in Libyen unterscheidet, verspricht das aber nichts anderes als einen langen Bürgerkrieg. Syrien droht auf unabsehbare Zeit zum Schlachtfeld der Mächte in der Region zu werden.

Das hätte alles nicht so kommen müssen. Eine frühe eindeutige Botschaft der Weltgemeinschaft hätte Assad womöglich beeindruckt. Dieses Zaudern und die Unterstützung aus Russland nahm er als Lizenz zum Töten. Es ist deshalb Russlands alter und neuer Präsident Wladimir Putin, der nun eine besondere Verantwortung trägt. Er muss Druck auf Damaskus entfalten, um auf dem Verhandlungsweg ein Ende der Gewalt und letztlich des Regimes zu erwirken.

Putin muss Russlands Ansehen wieder herstellen

Wenn Putin sich nicht besinnt, wird das ramponierte Ansehen Russlands in der arabischen Welt sich so rasch nicht erholen. Um die Krise zu entschärfen, ist ein Ende der russisch-chinesischen Blockade gegen eine UN-Resolution ein nicht hinreichender, aber notwendiger Schritt.

Die UN haben in Syrien bisher versagt. Sie dürfen die Menschen in Homs, in Idlib und anderswo nun nicht weiter ihrem Schicksal und einem gewissenlosen Regime überlassen. Sonst bleiben sie, wozu Assad sie gemacht hat: die verhöhnten Nationen.

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