Gewalt gegen Frauen:Nein soll Nein heißen

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Union und SPD einigen sich auf Grundsätze eines schärferen Sexualstrafrechts - auch Grapschen wird zur Straftat.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Union und SPD haben sich grundsätzlich auf weitere Verschärfungen des Sexualstrafrechts verständigt. Der Grundsatz "Ein Nein ist ein Nein" soll in einer neuen Strafvorschrift verwirklicht werden, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU). Die Einigung, von der am Donnerstag zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten, sei ein "Meilenstein", so die CDU-Politikerin. "Mit der Umsetzung des Grundsatzes 'Nein heißt Nein' leiten wir einen Paradigmenwechsel ein. Das Opfer muss sich nun nicht mehr grundsätzlich wehren, sondern ein deutliches verbales oder körperliches "Nein" ist beim neues Vergewaltigungsparagrafen von nun an ausreichend."

"Der Grundsatz ,Nein heißt Nein' bedeutet, dass jede nicht-einvernehmliche sexuelle Handlung künftig unter Strafe gestellt wird. Dies sieht auch des Istanbuler Konvention des Europarats von 2011 vor. Kann in einem Gerichtsverfahren einem Tatverdächtigen nachgewiesen werden, dass er sich bei einer sexuellen Handlung über den erklärten Willen einer anderen Person hinweggesetzt hat, kann er wegen Vergewaltigung verurteilt werden. Bisher war dies nicht möglich, rein verbale Ablehnung reichte dafür nicht. Vergewaltigungsopfer mussten vor Gericht Gegenwehr nachweisen, weshalb es nur in einem Bruchteil der Verfahren zur Verurteilung kam.

Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte schon im letzten Jahr angekündigt, das Sexualstrafrecht zu verschärfen, um für effektivere strafrechtliche Verfolgung von sexuellen Übergriffen zu sorgen. Zunächst leistete die Union jedoch Widerstand, das Kanzleramt legte das Projekt über Monate auf Eis. Erst nach der Kölner Silvesternacht änderte sich die Einschätzung in CDU und CSU. Maas' Reform, die vorsah, dass auch eine Drohung oder eine Überrumpelung als Tatmerkmal der Vergewaltigung zählen kann, wurde vom Kabinett beschlossen. Von Grünen, zuletzt aber auch Rechtspolitikerinnen von Union und SPD kam Kritik: Es könne nicht sein, dass das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung erst verteidigt werden müsse, bevor es gelte. Jede nachgewiesene, nicht-einvernehmliche sexuelle Handlung sei zu bestrafen.

Zur Einigung vom Donnerstag gehören noch weitere Verschärfungen. So soll der Straftatbestand der "tätlichen sexuellen Belästigung", das sogenannte Grapschen, und der des "sexuellen Missbrauchs aus Gruppen" neu ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor, das Rechts- und Familienpolitikerinnen von Union und SPD kürzlich im Rechtsausschuss vorlegten. Justizminister Maas, der den Grundsatz "Nein heißt Nein" zunächst skeptisch beurteilt hatte, auch weil er massenhafte Falschanzeigen befürchtete, hatte zuletzt bereits Zustimmung zu weiteren Verschärfungen signalisiert. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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