Gesundheit:Wundermittel Wissen

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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist der Schirmherr des „Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz“. Die Initiative ist auch ein Geldsparprogramm. (Foto: Adam Berry/AFP)

Ein Aktionsplan soll Bürger kompetenter in Gesundheitsfragen machen - die Initiative ist auch ein Geldsparprogramm.

Von Michaela Schwinn, München

Viele Deutsche sind überfordert, wenn sie gesundheitliche Probleme haben, sie wissen oft nicht, an wen sie sich wenden sollen. Eine Expertengruppe will das nun ändern und stellte am Montag in Berlin den "Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz" vor. Fachleute von der Universität Bielefeld, der Hertie School of Governance und dem AOK-Bundesverband nannten 15 Empfehlungen, die helfen sollen, die Bevölkerung besser über gesundheitsrelevante Themen zu informieren und das Gesundheitssystem nutzerfreundlicher zu machen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der Schirmherr der Initiative, hofft, mit dem Aktionsplan "viel zu bewegen".

Besonders wichtig sei es, diese Kompetenzen früh zu schulen, sagte Klaus Hurrelmann, Sozialwissenschaftler an der Hertie School of Governance, dem Evangelischen Pressedienst. Es sei "schwer nachvollziehbar, dass so ein wichtiger Bereich des Lebens in der Schule kaum vorkommt". Die Gesundheitsbildung sollte bereits im Kindergarten beginnen, etwa durch Projektwochen. Der Wissenschaftler sprach sich außerdem für ein neues Schulfach Gesundheit aus. Bis dahin sollten Gesundheitsthemen auch in anderen Fächern wie Sport, Biologie und Sozialkunde behandelt werden. Hurrelmann zufolge seien viele jungen Leute überfordert, wenn sie krank werden: "Sie geraten in Panik, weil sie nicht wissen, wo und wie sie sich die angemessene Unterstützung holen können." Nach aktuellen Untersuchungen sei das Wissen von Schülern der Mittel- und Oberstufe zu Gesundheitsfragen "teilweise kläglich". Viele wüssten etwa nicht, dass häufiger Sonnenbrand das Risiko erhöht, an Hautkrebs zu erkranken.

Eine weitere Empfehlung richtet sich an Ärzte und Pfleger: Sie sollen mehr mit Patienten sprechen und ihnen Sachverhalte verständlicher erklären. Besonderer Handlungsbedarf bestehe bei Menschen mit geringem Bildungsniveau, Älteren, chronisch Kranken und Menschen mit Migrationshintergrund. Sie hätten am häufigsten Probleme, gesundheitsrelevante Informationen zu verstehen und zu beurteilen.

Die Initiatoren des Aktionsplans betonten aber, dass sich das Problem durch alle Bevölkerungsschichten ziehe. Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass jeder zweite Deutsche eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz hat: 54 Prozent gaben an, häufig nicht zu wissen, an wen sie sich bei gesundheitlichen Problemen wenden sollen, wie sie Medikamente richtig einnehmen oder wann sie den Rettungswagen rufen sollen. Ein Grund dafür sei aber nicht der Mangel an Information, sondern gerade ihr Überfluss. So verwirre die große Zahl an Plattformen im Internet, in Magazinen und Broschüren die meisten eher. Wenn der Plan umgesetzt würde, könne man nach Angaben der Initiatoren zudem Geld sparen: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass zwischen drei und fünf Prozent der Gesundheitsausgaben durch unzureichende Gesundheitskompetenz verursacht wird. In Deutschland wären dies bis zu 15 Milliarden Euro pro Jahr.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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