Gesetzespläne:Mühsam ernährt sich die Koalition

Terrorbekämpfung, E-Autos, Leiharbeit: Weitere Beschlüsse der Parteichefs.

Von M. Bauchmüller, S. Braun, T. Öchsner

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD saßen sieben Stunden zusammen, genug Zeit also, um neben dem Integrationsgesetz weitere Themen anzugehen. In einzelnen Punkten erzielten die Partner Einigkeit, bei anderen konnte man sich wenigstens auf das weitere Vorgehen einigen - bei manchen gab es keinen Fortschritt. Ein Überblick:

Terrorbekämpfung

Obwohl die Bundesregierung in diesem Bereich schon etliche Gesetzesverschärfungen beschlossen hat, will sie den Sicherheitsbehörden weitere Befugnisse geben. So soll die Bundespolizei die Möglichkeit erhalten, beispielsweise im Kampf gegen Schleuser auch verdeckte Ermittler einzusetzen, bevor eine konkrete Straftat begangen wurde. Daneben sollen die Sicherheitsbehörden in den Bestandsdaten der Telekommunikationsunternehmen ihre automatisierte Suche auch auf unvollständige Namensbestandteile und unterschiedliche Schreibweisen ausdehnen dürfen. Im Gegenzug soll eine Höchstgrenze der gemeldeten Treffer festgelegt werden. Besonders augenfällig ist ein dritter Beschluss: So sollen Telekom-Anbieter und Händler verpflichtet werden, auch beim Kauf von sogenannten Prepaid-Handys stets ein gültiges Identitätsdokument mit vollständigen Adressangaben zu verlangen. Auf freiwilliger Basis möchte die Koalition zudem alle Unternehmen der Internetwirtschaft dafür gewinnen, mittels Selbstverpflichtung gegen terroristische Propaganda auf ihren Netzwerken vorzugehen.

Leiharbeit und Werkverträge

Der geplante Gesetzentwurf, der Leiharbeit und Werkverträge stärker regulieren soll, ist für die SPD ein Prestigeprojekt. Um-so verärgerter war Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), dass es mit ihrem Vorhaben monatelang nicht weiterging, weil die CSU Bedenken anmeldete. Nun kann sich Nahles über einen Zwischenerfolg freuen: Sie darf den Referentenentwurf für das neue Gesetz an andere Ressorts schicken, ohne dass sie ihn dafür noch einmal verändern lassen muss. Das heißt aber nicht, dass der Streit um Details zu Ende ist. Seehofer hält nach wie vor einige Punkte für "diskussionsbedürftig". Auch Gabriel sagte: "Natürlich gibt es eine Reihe offener Fragen." Wie bei anderen Gesetzesentwürfen auch kann sich also später noch etwas ändern, sowohl bevor sich das Kabinett damit befasst als auch später bei den Beratungen im Parlament. Mit dem Gesetz will Nahles die Dauer von Leiharbeit in einem Betrieb auf 18 Monate begrenzen und die gleiche Bezahlung der Leiharbeiter im Vergleich zur Stammbelegschaft nach neun Monaten vorschreiben. Bei Werkverträgen will die Arbeitsministerin sicherstellen, dass diese in den Einsatzbetrieben keine regulären Jobs verdrängen. Nachdem die Arbeitgeberverbände den ersten Entwurf scharf kritisiert hatten, kam die SPD-Politikerin der Wirtschaft bei ihrer zweiten Vorlage mit einigen Zugeständnissen entgegen. Danach signalisierten die Wirtschaftsverbände in Berlin, damit leben zu können. Trotzdem intervenierte die CSU, wohl auf Druck der bayerischen Arbeitgeberverbände.

Elektroautos und Ökostrom

Keine Beschlüsse, dennoch Fortschritte: Die Koalition weiß nun zumindest, wie es bei Elektroautos und beim Ökostrom weitergehen soll. In beiden Fragen gab es zuletzt Streit: Bei der Elektromobilität, weil etwa der Bundesfinanzminister nichts von Kaufprämien für Kunden hielt. Und beim Ökostrom, weil Teile der Union auf einen gedrosselten Ausbau vor allem der Windenergie pochen. Über die Förderung der Elektromobilität will die Bundesregierung noch diesen Monat mit der Autoindustrie sprechen - offenbar auch, um ihr noch einen eigenen Beitrag abzuluchsen. Und die Neuordnung der Ökostrom-Förderung soll nun mit den Ministerpräsidenten beraten werden.

Rente

Nach den großen Worten von CSU-Chef Horst Seehofer und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, die mit einem Mal wiederentdeckt haben, dass das Niveau der Renten (gemessen am Durchschnittslohn) sinkt, folgen zunächst einmal eher kleine Taten. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wird zunächst weiter an einem Entwurf für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Lebensleistungsrente arbeiten. Damit will die Bundesregierung die Renten von langjährig versicherten Geringverdienern aufstocken. Ob das aber wirklich so kommt, wird zumindest hinter den Kulissen bezweifelt. An der unter der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Senkung des Rentenniveaus wird vorerst nicht gerüttelt. Das ist eher eine Aufgabe für die nächste Bundesregierung. Schon wahrscheinlicher ist, dass die private Zusatzvorsorge (Riester-Rente) und vor allem die betriebliche Altersvorsorge reformiert wird. Das Ziel: Die staatlich geförderte Vorsorge soll von Geringverdienern mehr genutzt werden.

Erbschaftsteuer

Wie sich Firmen vererben lassen, ohne dass die Steuerlast den Betrieben zu sehr schadet, bleibt weiter offen. Man habe "Gemeinsamkeiten identifiziert", sagte die Kanzlerin. Aber offenbar auch die Unterschiede. Vor allem die CSU verlangt weitere Erleichterungen, sehr zum Ärger von Sozialdemokraten. Die Kanzlerin müsse endlich klarmachen, ob CSU-Chef Seehofer "wegen der Anliegen der Lobby der Millionenerben weiter die Koalition blockieren darf", wetterte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider.

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