Gesetz für "Großelternzeit":Auszeit im Namen der Enkel

Künftig sollen alle berufstätigen Omas und Opas "Großelternzeit" nehmen können, so plant es Familienministerin Kristina Schröder. Doch was bedeutet das Vorhaben im Einzelnen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Robert Roßmann, Berlin

Berufstätige Großeltern sollen nach dem Wunsch von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) künftig leichter eine Auszeit für die Betreuung ihrer Enkel nehmen können. Das Familienministerium hat jetzt einen Gesetzentwurf fertiggestellt, der unter anderem einen generellen Rechtsanspruch auf eine drei Jahre lange Freistellung vom Arbeitsplatz enthält. Hier die Details des Entwurfs:

Bericht: Schröder plant auch Großelternzeit

Die geplante Großelternzeit stärke "das Miteinander der Generationen in unserer Gesellschaft", sagt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Doch das Arbeitsministerium und die FDP haben bereits Vorbehalte angemeldet. 

(Foto: dpa)

Wer darf die neue Elternzeit nutzen?

Künftig sollen alle Opas und Omas Großelternzeit nehmen können. Es gibt lediglich eine Einschränkung: Betriebe mit weniger als 16 Beschäftigten sind ausgenommen. Das Familienministerium rechnet mit 300 000 Anspruchsberechtigten, von denen aber nur etwa zehn Prozent das Angebot nutzen werden. Schließlich gibt es im Alltag viele Hemmnisse. So werden beispielsweise Großeltern, die zu wenig verdienen oder zu weit von den Enkeln entfernt wohnen, die neue Elternzeit, selbst wenn sie wollten, nicht nutzen können. Laut Ministerium hat jedes dritte Kind Großeltern, die noch arbeiten und im Umkreis wohnen. Bisher können Opas und Omas die Großelternzeit nur in speziellen Ausnahmefällen nehmen - etwa wenn ein Elternteil noch minderjährig ist.

Wie funktioniert die Großelternzeit?

Die Großeltern sollen bis zu drei Jahre lang aus dem Beruf aussteigen können. Der Gesetzentwurf gewährt ihnen einen Rechtsanspruch auf die berufliche Freistellung und den Kündigungsschutz in dieser Zeit. Die Großeltern haben diesen Anspruch zusätzlich zu dem der Eltern, sie sollen ihn sogar gleichzeitig mit den Eltern nutzen können. Entgegen ersten Plänen sollen die Großeltern in dieser Zeit kein Geld erhalten. Der Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass sie in der Rentenversicherung "durchbezahlt" werden. Großeltern müssten so durch die berufliche Auszeit keine Einbußen bei der Altersversorgung hinnehmen.

Wie rechtfertigt Schröder den Eingriff?

Die Familienministerin glaubt, dass bei genauer Betrachtung auch die Unternehmen den wirtschaftlichen Nutzen der Großelternzeit erkennen werden. Schließlich trage diese dazu bei, dass junge, gut ausgebildete Mütter und Väter leichter und besser als bisher wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen können. Im Übrigen sei die Wirtschaft nicht der Gesetzgeber.

Wird auch die Elternzeit geändert?

Es soll auch hier einzelne Verbesserungen geben. Dabei geht es vor allem um eine Flexibilisierung. Bisher hat jedes Elternteil Anspruch auf Elternzeit zur Betreuung seines Kindes bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs. Zwölf Monate dieser Elternzeit können stattdessen auch zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes genommen werden. Künftig sollen 24 Monate übertragen werden können, die Eltern dann bis zum 14. Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen dürfen.

Wird das Gesetz kommen?

Das Familienministerium hat seinen Gesetzentwurf jetzt fertig gestellt und in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben. Das Ministerium hofft, dass die Großelternzeit noch in dieser Legislaturperiode Gesetz wird. Allerdings ist unklar, ob das so kommen wird. Die Bundes-CDU billigt das Projekt zwar. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der Süddeutschen Zeitung, Schröder habe "bei ihrem Vorhaben die volle Unterstützung der CDU". Es sei "für alle ein Gewinn, wenn sich Großeltern um ihre Enkelkinder kümmern - und damit auch deren Eltern ein Stück weit entlasten".

Die Großelternzeit stärke "auch das Miteinander der Generationen in unserer Gesellschaft". Allerdings hat das Arbeitsministerium von Ursula von der Leyen (CDU) nach Informationen der SZ bereits Vorbehalte gegen die Rentenanrechnung angemeldet. Die Kosten würden voraussichtlich den Etat des Arbeitsministeriums belasten. Auch in der FDP gibt es Bedenken. Die Liberalen wollen den Gesetzentwurf erst einmal prüfen. Dabei wollen sie vor allem auf die Kosten für den Staat und die Unternehmen achten. Das Familienministerium weist jedoch darauf hin, dass das Bundeskabinett bereits Ende April mit den Stimmen der FDP-Minister die neue Demografie-Strategie der Regierung beschlossen habe. Darin heiße es, der "Fokus" des Kabinetts liege auf "der zielgenauen Weiterentwicklung der Elternzeit, insbesondere durch eine Ausweitung der Großelternzeit".

Wie kam es zu dem Gesetzentwurf?

Kristina Schröder hatte die Großelternzeit im März zum ersten Mal ins Spiel gebracht. Im April tauchte die Großelternzeit dann in einem Programmentwurf zur Stärkung des ländlichen Raumes für den CDU-Bundesvorstand auf. Darin hieß es: "In ländlichen Gegenden übernehmen zudem oft Großeltern, Verwandte und Nachbarn Verantwortung in der Kinderbetreuung und verdienen höchste Anerkennung." Analog zur dreijährigen Elternzeit werde die CDU deshalb "eine Großelternzeit einführen, damit Großeltern leichter eine Auszeit vom Beruf nehmen können, wenn sie sich um ihre Enkel kümmern."

Das 27-seitige Papier wurde jedoch wegen zahlreicher Einwände gegen andere Punkte wie das Betreuungsgeld bis heute nicht beschlossen. Am 27. August verständigte sich der CDU-Bundesvorstand dann aber auf den Leitantrag zum Parteitag Anfang Dezember. Darin heißt es: "Wir wollen die Großelternzeit weiterentwickeln: Künftig sollen alle Großeltern die Möglichkeit haben, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen oder zu reduzieren, um sich um ihre Enkel kümmern zu können. Gerade junge Eltern, die beruflich noch Fuß fassen müssen, sollen so zeitlich entlastet werden." Damit sah sich Schröder zumindest von ihrer Partei ausreichend unterstützt. Jetzt folgte ihr Gesetzentwurf.

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