Gerichtsurteil:Recht und Ramstein

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Drei Jemeniten haben Familienangehörige in einem US-Angriff verloren. Mit Daten gefüttert werden die Drohnen von der Airbase Ramstein in der Pfalz. Die Bundesregierung ist dennoch nicht verantwortlich.

Von Jannis Brühl, Köln

Der Stuhl für den Mann, der Deutschland zwingen will, sich mit den Amerikanern anzulegen, bleibt leer. Faisal bin Ali Jaber fehlt im Kölner Verwaltungsgericht. Die Sicherheitslage in seiner Heimat Jemen ist nach der Revolution der Huthi-Rebellen so schlecht, dass er nicht aus dem Land kommt. Gemeinsam mit zwei Verwandten aus seinem Stamm will Bin Ali Jaber erreichen, dass die Bundesregierung den Vereinigten Staaten verbietet, die pfälzische US-Basis Ramstein für ihren tödlichen Drohnenkrieg in Jemen zu nutzen. Seine Reise wäre umsonst gewesen.

Am Mittwoch lehnen die Richter die Klage der drei Jemeniten ab. Sie sei zwar zulässig, weil das Grundgesetz auch das Leben von Ausländern im Ausland schützen könne, wenn dieses von Deutschland aus gefährdet werde. Allerdings liege es im Ermessen der Bundesregierung, ob sie handele oder nicht. Völkerrechtliche und außenpolitische Fragen wollte das Gericht nicht beurteilen. Kurz: Das Gericht will sich nicht in die Kriegspolitik einmischen.

Faisal verlor 2012 bei einem Drohnenangriff in seinem Dorf Khashamir seinen Schwager Salim und seinen Neffen Walid. Salim, ein Prediger, traf sich Faisals Aussage zufolge gerade mit Al-Qaida-Vertretern - allerdings nicht aus Sympathie, sondern weil die ihn sich nach einer kritischen Predigt vorknöpften. Vier Raketen schlugen ein. Augenzeugen, so steht es in der Klageschrift, bot sich "ein grausames Bild, da die Körper der Getöteten zerfetzt waren". Nun lebten die Menschen in Faisals Gegend in "täglicher und fortdauernder Todesangst". Aber was hat das mit Deutschland zu tun?

Aus der Pfalz sendet die US-Armee Daten an Drohnen im Jemen. Dagegen klagten drei Jemeniten

Gesteuert werden die Drohnen von Pilotenteams auf Basen in den USA. In Ramstein werten Analysten der US-Armee Bilder der Drohnenkameras aus und schicken ihre Erkenntnisse an die Piloten in den USA. Zudem sendet eine Satelliten-Relaisstation in Ramstein Daten an die Drohnen. Die Rolle des deutschen Stützpunktes im Anti-Terror-Krieg hatten Süddeutsche Zeitung und NDR ans Licht gebracht.

"Ohne Ramstein würden amerikanische Drohnen nicht fliegen und hätten nicht zwei Mitglieder meiner Familie getötet", erklärt Faisal schriftlich. Die Richterin wies darauf hin, dass eine US-Basis in Italien über eine ähnliche Relaisstation verfüge und die USA den Datentransfer einfach verlagern könnten. Dass Ramstein eine entscheidende Rolle im Drohnenkrieg spiele, wurde von der deutschen Regierung in ihrer Klageerwiderung - wörtlich - "mit Nichtwissen bestritten". Dabei haben die USA Berlin schon vor Jahren über den Bau der Relaisstation informiert.

Die Anwälte Bin Ali Jabers präsentierten eine Reihe von Vorschlägen, wie Deutschland Ramstein aus dem Drohnenkrieg heraushalten könnte: Von einer Sondervereinbarung zwischen Washington und Berlin bis hin zum Ende der Verträge über die Stationierung der Truppen in Deutschland. Da lächelte die Vertreterin des Bundesverteidigungsministeriums: "Der Antrag verkennt vielleicht ein bisschen das Kräfteverhältnis zwischen den USA und Deutschland." Die Anwälte Bin Ali Jabers prüfen, ob sie in Berufung gehen.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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