Geplanter Gefangenenaustausch:Israelischer Soldat Schalit soll freikommen

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Seit fünf Jahren ist er in Gefangenschaft - jetzt könnte der israelische Soldat Gilad Schalit freigelassen werden. Israel und die radikal-islamische Hamas haben sich offenbar geeinigt: Schalit soll gegen mehrere hundert Palästinenser ausgetauscht werden, die in israelischen Gefängnissen sitzen.

Peter Münch, Gaza

Israel hofft auf die baldige Befreiung des vor mehr als fünf Jahren entführten Soldaten Gilad Schalit. Premierminister Benjamin Netanjahu berief am Dienstagabend das Kabinett zu einer Sondersitzung ein, um über die Bedingungen eines Gefangenenaustauschs zu beraten. "Es ist das beste Abkommen, das wir in diesen stürmischen Zeiten erzielen konnten", sagte Netanjahu. Zugleich bestätigte ein Sprecher des militärischen Arms der Hamas im Gaza-Streifen, man habe sich in der Frage der Freilassung geeinigt.

Jahrelang konnten sich die israelische Regierung und die Hamas nicht auf einen Gefangenenaustauch einigen, jetzt könnte der israelische Soldat Gilad Schalit endlich freikommen - im Austausch für Hunderte Palästinenser. Das Bild zeigt eine Kundgebung im Dezember 2009 vor dem Amtssitz des israelischen Premiers Netanjahu - damals gab es schon einmal Gerüchte über eine Freilassung Shalits. (Foto: REUTERS)

Gilad Schalit, der in Gefangenschaft zum tragischen Volkshelden Israels wurde, war am 25. Juni 2006 bei einem Überfall palästinensischer Terroristen in den Gaza-Streifen verschleppt und seither als Geisel gehalten worden. Als Vermittler hatte in der Vergangenheit zumeist ein Mitarbeiter des deutschen Bundesnachrichtendiensts fungiert. Mehrfach war ein Austausch kurz vor Schluss an Einwänden einer der beiden Seiten gescheitert.

Einem Bericht des Fernsehsenders al-Arabiya zufolge soll nun Ägypten den Durchbruch in den Verhandlungen erreicht haben. Hohe Hamas-Funktionäre ebenso wie israelische Regierungsemissäre sollen dazu in den vergangenen Tagen in Kairo gewesen sein. Ein ägyptischer Offizieller sprach von einer "sehr schwierigen Aufgabe, die Tausende von Verhandlungsstunden erfordert" habe.

Die israelische Zeitung Haaretz zitiert eine Quelle aus dem Büro von Premier Netanjahu mit den Worten: "Ein Fenster der Gelegenheit hat sich geöffnet, das wahrscheinlich zur Heimkehr von Gilad Schalit führen kann." Zuvor habe es noch die Befürchtung gegeben, dass "der Kollaps nahöstlicher Regime und die Stärkung extremistischer Kräfte seine Rückkehr unmöglich machen" würde.

Großer Erfolg für die Hamas

Nach Angaben des Senders al-Arabiya haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass Israel mehrere hundert palästinensische Gefangene im Austausch für Schalit freilässt. Es sollen genau 1027 palästinensische Häftlinge sein, wie der Hamas-Exilchef Chaled Maschaal am Dienstagabend vor Journalisten in Damaskus sagte.

Israel hatte dem bereits grundsätzlich zugestimmt, aber Einwände gegen die Befreiung einiger Gefangener erhoben, die wegen besonders schwerer Terrortaten verurteilt worden waren. Zudem sollten einige Häftlinge, von denen große Gefahr drohe, nicht in ihre palästinensischen Heimatstädte zurückkehren, sondern ins ausländische Exil gehen. Details dazu wurden nun noch nicht bekannt, aber der Handel soll übereinstimmenden Berichten zufolge möglichst bereits in den nächsten Tagen, spätestens aber Anfang November, über die Bühne gehen.

Neben der Zustimmung des israelischen Kabinetts sind dazu erfahrungsgemäß noch Konsultationen der verschiedenen Hamas-Gremien zwischen Gaza und dem Exilsitz in Damaskus vonnöten. Zuletzt war Ende 2009 im letzen Augenblick eine Vereinbarung gescheitert. Für die Hamas wäre die Befreiung einer so großen Zahl von Gefangenen im Austausch für Schalit indes ein großer Erfolg, der ihre seit einiger Zeit sinkende Popularität wieder deutlich steigern könnte. Auch Israels Premierminister Netanjahu könnte trotz des hohen Preises von einem Gefangenenaustausch profitieren.

Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung wünscht sich dringlich die Heimkehr des entführten Soldaten. Die Eltern Gilad Schalits haben in den letzten Jahren in einer beispiellosen Kampagne das Schicksal ihres heute 25 Jahre alten Sohnes im Bewusstsein der Öffentlichkeit gehalten. Allerdings gibt es im Jerusalemer Kabinett auch erklärte Gegner einer Freilassung von Terroristen.

© SZ vom 12.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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