Geld aus Aserbaidschan:Strenz' angebliche Ahnungslosigkeit wirft Zweifel auf

CDU-Wahlkampf mit Merkel

"Zu keinem Zeitpunkt Zahlungen aus Aserbaidschan erhalten": Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz.

(Foto: Jens Büttner/dpa)
  • Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz hat Geld von einer Firma erhalten, die bezahlte Lobbyarbeit für das umstrittene Regime in Aserbaidschan leistete.
  • Diese Firma gehört dem früheren CSU-Politiker Eduard Lintner, der nun sagt, dass Strenz um seine Beziehungen zu Aserbaidschan gewusst habe.
  • Der SPD-Politiker Frank Schwabe hatte Strenz jüngst der Korruption bezichtigt.

Von Hannes Munzinger, Bastian Obermayer und Pia Ratzesberger

Karin Strenz arbeitet jetzt wieder im Bundestag. Eigentlich. In der vergangenen Woche hätte sie zur ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments erscheinen sollen, ein Präsidium wählen, über die ersten Anträge abstimmen, wie all die anderen Abgeordneten. Die CDU-Abgeordnete aber ist krankgemeldet, die Stimmkarten blieben in ihrem Fach liegen. Schon seit Wochen beantwortet sie keine Anfragen von Journalisten, keinen Anruf, keine Mail. Nur bei dem SPD-Abgeordneten Frank Schwabe meldete sie sich - per Anwaltsschreiben.

Er hatte sie öffentlich der Korruption bezichtigt, nachdem die Süddeutsche Zeitung über Zahlungen berichtet hatte, die Strenz von einer Lobbyfirma des ehemaligen CSU-Abgeordneten Eduard Lintner erhalten hatte. In dem Anwaltsschreiben heißt es, Strenz habe "zu keinem Zeitpunkt Zahlungen aus Aserbaidschan erhalten". Und wenn doch, habe sie zumindest nicht gewusst, dass "an sie geleistete Zahlungen aus Aserbaidschan stammten".

Eine bemerkenswerte Aussage, der nun - ausgerechnet - ihr Auftraggeber Lintner widerspricht: "Meine Beziehung zu Aserbaidschan kannte sie ja und wir haben auch nie ein Geheimnis draus gemacht", sagte er, offensichtlich verwundert, der SZ.

Strenz hatte im Jahr 2014 und im Januar 2015 von einer deutschen Firma namens Line M-Trade Geld bekommen, jeweils zwischen 7500 und 15 000 Euro. Die Firma gehörte dem Lobbyisten Lintner, der auch die Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen (Gefdab) gegründet hatte. Beide Firmen sind laut Lintner vom aserbaidschanischen Staat unterstützt worden, und mit beiden Firmen habe er, sagte Lintner, die gleichen Ziele verfolgt - das Honorar an Strenz sei nur aus "innerbetrieblichen Gründen" über die Line M-Trade gelaufen.

Laut Lintner habe man Ähnliches "auch mal mit Georgien versucht"

Karin Strenz habe aserbaidschanischen Unternehmen Kontakte zu Firmen in ihrem Wahlkreis vermitteln sollen, erzählt Lintner weiter, es sei vor allem um erneuerbare Energien gegangen. Auch von diesen Kontakten ist in dem Anwaltsschreiben die Rede, dort allerdings heißt es, "die Aufgabe unserer Mandantin bestand im Herstellen von Kontakten zwischen interessierten deutschen Unternehmen und der Line M-Trade GmbH" - kein Wort von Firmen aus Aserbaidschan.

Nach Angaben von Lintner habe man Ähnliches "auch mal mit Georgien versucht", das habe sich aber nicht realisieren lassen. Im Schreiben von Strenz' Anwältinnen dagegen steht, es sei "um den gesamten Raum der postsowjetischen Republiken und keineswegs ausschließlich um Aserbaidschan" gegangen. "Die weitere Entwicklung und Nutzung der vermittelten Kontakte" entziehe sich ihrer Kenntnis. Eduard Lintner sagt: Letztendlich sei ohnehin nichts draus geworden. Eine Bundestagsabgeordnete bekam also Tausende von Euro für die vergebliche Vermittlung von Kontakten?

Es ist nicht die einzige Frage, die Strenz seit Wochen unbeantwortet lässt. Gemeinsam mit einer ehemaligen Mitarbeiterin von Lintners Gefdab hatte sie Anfang 2014 eine Firma gegründet, die Extent GmbH. Schon nach ein paar Monaten trat Strenz als Geschäftsführerin zurück und überschrieb ihre Anteile ihrem Ehemann. Der Zweck der Firma oder der Übergabe an den Ehemann? Strenz schweigt eisern.

In Wismar nimmt man derzeit die Wahlkampagne von Karin Strenz auf die Schippe

Auch ihr Fraktionskollege Axel Fischer schweigt zum Einfluss Aserbaidschans auf die deutsche Delegation im Europarat. Der CDU-Abgeordnete war bis zu seinem Rücktritt vor etwa zwei Wochen Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europarat. Kritiker werfen ihm seit Langem vor, die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe im Europarat zu bremsen. Die Unionsfraktion rückt nun vorsichtig von ihren Problemabgeordneten Fischer und Strenz ab. Mitte Oktober hatte die Fraktionsführung noch mitgeteilt, dass Axel Fischer ihre Rückendeckung genieße. Aus der Fraktionsspitze hieß es am Sonntag, man erwarte, dass Fischer und Strenz nicht mehr für die Europaratsdelegation kandidieren und sich "neue Betätigungsfelder suchen".

In Wismar, wo Karin Strenz ihren Wahlkreis trotz der Vorwürfe direkt gewonnen hat, nimmt man unterdessen ihre Wahlkampagne auf die Schippe. "Wir sind die Fans von Karin Strenz" war der Slogan, mit dem Unterstützer ihre Sympathie für die Abgeordnete auf Facebook zeigen sollten. In Wismar kursieren nun Postkarten mit diesem Slogan - und einem Bild des aserbaidschanischen Autokraten Ilham Alijew.

Klarstellung: In einer früheren Version des Artikels konnte der Eindruck entstehen, Axel E. Fischer (CDU) sei auch als Leiter der deutschen Delegation für die parlamentarische Versammlung des Europarats zurückgetreten. Dies ist nicht der Fall. Wir bitten, die Unklarheit zu entschuldigen.

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