Geheime CIA-Aktionen:Bundesregierung liegt angeblich Liste mit CIA-Flügen vor

Über Deutschland sollen 437 geheime Gefangenen-Transporte des US-Geheimdienstes abgewickelt worden sein. Inzwischen sorgen sich offenbar Koalitionspolitiker, dass es zu einer Debatte über die Stationierung von US-Truppen kommt.

Der Spiegel berichtete über eine detaillierte Liste der Flüge, welcher der Bundesregierung vorliegt. Danach nutzten allein zwei auf Privatfirmen zugelassene CIA-Maschinen 2002 und 2003 zusammen 137 und 146 Mal deutschen Luftraum oder landeten auf deutschen Flughäfen ­ vor allem in Berlin, Frankfurt/Main und auf der US-Militärbasis Ramstein.

Geheime CIA-Aktionen: CIA-Jetnach dem Start in Mallorca

CIA-Jetnach dem Start in Mallorca

(Foto: Foto: Reuters)

Insgesamt umfasse die von der Deutschen Flugsicherung nach einer Anfrage der Linkspartei im Bundestag angefertigte Statistik 437 Flüge. Mit solchen Maschinen sollen Terrorverdächtige entführt und in geheime Lager gebracht worden sein.

Vor dem Berlin-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice in dieser Woche forderten die Grünen und Amnesty International die Bundesregierung auf, das Thema am kommenden Dienstag auf jeden Fall anzusprechen. Der neue Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) solle auf Informationen pochen, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast der Neuen Ruhr/Rhein Zeitung. "Das ist der Testfall für Frank-Walter Steinmeier."

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) solle den Fall ansprechen, verlangte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, erklärte am Samstag in Berlin: "Die Bundesregierung muss klar machen, dass Deutschland sich auch nicht indirekt an völker- und menschenrechtswidrigen Handlungen beteiligt und die Rechte der USA als Bündnispartner in Deutschland an diese Voraussetzung gebunden sind."

Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) dürfe nicht den Eindruck erwecken, er lasse sich auf eine eigentümliche Arbeitsteilung ein. "Es darf nicht sein, dass Deutschland sich die Einhaltung des Folterverbots zwar auf die Fahne schreibt, von Verstößen im Ausland aber profitiert."

Dem Spiegel-Bericht zufolge fürchten Mitglieder der Bundesregierung, dass die CIA-Affäre sogar zu einer grundsätzlichen Debatte über die Stationierung von US-Truppen und die Nutzung des deutschen Luftraums für den Krieg im Irak führen könnte. Schwarz-Rot gerate aber auch selbst unter Druck. Bis zum 21. Februar müssten die Deutschen dem Straßburger Europarat erläutern, was sie in Entführungsfällen unternommen haben, nachdem sie davon erfuhren.

So liege dem Auswärtigen Amt spätestens seit Juni 2004 die Schilderung des aus dem Libanon stammenden Deutschen Khaled el-Masri vor. Der aus Neu-Ulm stammende Mann soll von der CIA nach Afghanistan verschleppt und dort monatelang in Einzelhaft verhört worden sein. US-Behörden hätten die Entführung Anfang 2005 informell bestätigt.

Auch Lochbihler geht davon aus, dass deutsche Behörden von CIA-Flügen gewusst haben müssen. "Die Zuständigen müssten von den Flügengewusst haben, zumal wir seit längerem auf die Verschleppungen durch die CIA hingewiesen haben", sagte sie der Frankfurter Rundschau.

Die USA hatten angekündigt, "zeitnah" für Aufklärung über mutmaßliche CIA-Überflüge in Europa zu sorgen. Die Bundesregierung hatte daraufhin am Freitag erklärt, es komme nun nicht darauf an, ob US-Außenministerin Rice bereits am Dienstag beim Treffen mit Merkel Antworten liefere. Wenn es Rice möglich sei, bereits dann Stellung zu nehmen, werde sie sicher davon Gebrauch machen. "Sollte die US-Administration die Beantwortung erst später machen können, hätten wir dafür Verständnis", sagte ein Sprecher.

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