Geheimdienst:BND muss Daten löschen

Das Bundesverwaltungsgericht rügt Speichermethode des Geheimdiensts. Auch der Bundestag befasst sich mit der Behörde.

Von Reiko Pinkert und Ronen Steinke, Berlin

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage ist die Lauschpraxis des Bundesnachrichtendiensts (BND) von Richtern gerügt worden. Am Donnerstag gab das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil bekannt, wonach der Dienst rechtswidrig Daten über Auslandstelefonate speichere. Es handelt sich um sogenannte Metadaten; Gesprächsinhalte sind nicht betroffen. Der BND muss die Daten nun löschen. Das Gericht gab damit einer Klage von Reporter ohne Grenzen und dem Berliner Anwalt Niko Härting gegen das BND-Analysesystem Veras statt. (Az: 6 A 6.16 und 6 A 7.16)

In Veras speichert der BND seit 2002 Verbindungsdaten von Telefongesprächen mit dem Ausland. Nach BND-Angaben werden die Daten anonymisiert, soweit sie auf Einzelpersonen verweisen, etwa die Telefonnummer. Nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen lassen die Daten sich dennoch oft individuell auswerten. Darin sind etwa Angaben, wann und von welcher Funkzelle aus welche Nummer gewählt wurde. Wegen ihrer zahlreichen Auslandskontakte gehen sowohl Reporter ohne Grenzen als auch Härting davon aus, dass Daten von ihnen in Veras erfasst sind.

Die Leipziger Richter betonten nun, dass die Speicherung von Verbindungsdaten in das Grundrecht auf vertrauliche Kommunikation eingreife, das Fernmeldegeheimnis. Dies gelte "ungeachtet der vor der Speicherung durch den BND vorgenommenen Anonymisierung". Zulässig sei diese Praxis nur, soweit sie sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen könne. Eine solche fehle aber. So erlaube das G-10-Gesetz - benannt nach dem Fernmeldegeheimnis in Artikel 10 des Grundgesetzes - nur die Speicherung zur Auswertung nach konkreten Suchbegriffen, nicht aber für eine generelle Analyse der Verbindungen. Die Anonymisierung ändere an der fehlenden gesetzlichen Grundlage nichts, betonten die Richter.

Vor wenigen Tagen war Kritik von Karlsruher Richtern bekanntgeworden, die zur Kontrolle der BND-Überwachung von Nicht-Deutschen im Ausland berufen sind. Dieses Gremium aus zwei Richtern des Bundesgerichtshof und einem Bundesanwalt ist erst im Frühjahr durch ins Leben gerufen worden, als Folge des 2016 reformierten BND-Gesetzes. Es tagt geheim. Am Mittwoch stand eine Aussprache mit der Vorsitzenden dieses Juristen-Gremiums, der Richterin Gabriele Cirener, im vertraulichen Kreis der Geheimdienstkontrolleure im Bundestag auf der Tagesordnung. Es gehe um "sehr schwer wiegende Vorwürfe" gegen den BND, sagte der Vize-Vorsitzende des Bundestags-Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), im Bundestagsplenum. Es scheine so zu sein, dass dem Karlsruher Juristen-Gremium "de facto die Arbeit unmöglich gemacht wird".

Ähnlich äußerte sich der SPD-Obmann im Parlamentarischen Kontrollgremium, Burkhard Lischka. Man werde die Karlsruher Vorwürfe gegen den BND "genau prüfen", sagte Lischka der Frankfurter Rundschau. Sollte es "auch künftig" beim BND am Willen fehlen, sich juristischer Kontrolle auszusetzen, "müssen wir das Gesetz eben weiter verschärfen."

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