Gegen den Widerstand der USA:Afghanistan lässt 65 Gefangene frei

Es gebe gegen sie "keine Beweise", sagt die afghanische Regierung - und entlässt Dutzende Gefangene aus Bagram. Washington zeigt sich hingegen überzeugt, dass es sich um "gefährliche Personen" handelt und erhebt Vorwürfe gegen die Regierung in Kabul.

Trotz heftigen Widerstands der USA hat Afghanistan 65 Gefangene freigelassen. Die Häftlinge verließen das Gefängnis Bagram am Donnerstagmorgen, wie Behördenvertreter Abdul Schukor Dadras sagte.

Die US-Botschaft in Kabul kritisierte die Freilassung und sprach von einer "zutiefst bedauerlichen" Entscheidung. "Wir haben eine gründliche Prüfung jedes einzelnen Falles gefordert", heißt es der britischen BBC zufolge in einem Statement der Vertretung. Doch die Beweise gegen die Gefangenen seien "nie ernsthaft in Betracht gezogen" worden.

Die afghanischen Behörden widersprachen dieser Darstellung. Eine afghanische Regierungskommission zur Überprüfung von Häftlingsfällen hat nach eigenen Angaben die Fälle von insgesamt 88 Insassen des Gefängnisses in Bagram nochmals überprüft - und dann die Freilassung von 65 Gefangenen angekündigt. Es gebe gegen sie "keine Beweise", hatte Dadras, der selber der Kommission angehört, schon am Dienstag erklärt.

USA sprechen von "gefährlichen Personen"

Die USA sehen nun jedenfalls die afghanische Regierung in der Pflicht. Diese müsse für die Folgen der Entscheidung "Verantwortung tragen", heißt es von Seiten der US-Botschaft in Kabul weiter. Die Regierung solle nun "ihr Möglichstes tun", um sicherzustellen, dass die Freigelassenen keine neuen "Gewalt- und Terrorakte verüben".

Zuvor hatte die US-Regierung gewarnt, es handele sich um "gefährliche Personen", die sich angesichts des allmählichen Abzugs der internationalen Kampftruppen aus Afghanistan wieder in die Kämpfe einschalten könnten und eine "ernsthafte Bedrohung" darstellten.

Die Nato-Kampftruppen sollen Afghanistan bis Ende 2014 verlassen, anschließend sind nur noch Ausbildungs- und Unterstützungsmissionen vorgesehen. Im April stehen am Hindukusch außerdem Präsidentschaftswahlen an. Vor dem Hintergrund beider Ereignisse hatten die Taliban immer wieder angekündigt, ihren Druck auf ausländische Soldaten und die afghanische Regierung zu erhöhen.

Eine begrenzte Präsenz des US-Militärs über 2014 hinaus hängt an einem Sicherheitsabkommen, dessen Unterzeichnung der afghanische Präsident Hamid Karsai derzeit hinauszögert. Die Freilassung der Gefangenen dürfte die ohnehin angespannten Beziehungen zu den USA weiter belasten.

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