Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba:USA veröffentlichen Namen aller Häftlinge

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Frauen in Jemens Hauptstadt Sanaa fordern vor der US-Botschaft die Freilassung von Guantánamo-Häftlingen. (Foto: dpa)

166 Gefangene sitzen noch im Lager Guantánamo, 46 von ihnen "unbefristet" und ohne gerichtliches Verfahren. Auf die Initiative zweier Zeitungen hin hat das Pentagon nun die Namen der Insassen publik gemacht. Gleichzeitig steht der neue Beauftragte zur Schließung des umstrittenen Gefängnisses fest.

Die US-Regierung hat erstmals die Namen aller Häftlinge des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo veröffentlicht. Auf Betreiben zweier Zeitungen führte das Verteidigungsministerium am Montag auch auf, welche Gefangene ohne einen Prozess auf unbestimmte Zeit festgehalten werden. Das Außenministerium in Washington ernannte derweil mit Cliff Sloan nach monatelanger Vakanz des Postens einen neuen Beauftragten für die Schließung von Guantánamo.

46 Guantánamo -Gefangene werden als "unbefristete Häftlinge" eingestuft, wie das Pentagon mitteilte. Es handele sich um Terrorverdächtige, die zu gefährlich seien, um sie freizulassen. Nach Einschätzung von US-Behördenvertretern können sie aber auch nicht vor Gericht gestellt werden, weil sie mit brutalen Verhörmethoden befragt worden waren. Dazu zählt das als Folter angesehene sogenannte Waterboarding, bei dem der Betroffene das Gefühl hat zu ertrinken. Derart gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht vor Gericht verwendet werden.

Bei den unbefristeten Häftlingen handelt es sich um 26 Jemeniten, zehn Afghanen, drei Saudis, zwei Kuwaiter, zwei Libyer, einen Kenianer, einen Marokkaner und einen Somalier. Zwei weitere Afghanen mit diesem Status sind mittlerweile verstorben, einer durch Suizid und der andere in Folge eines Herzanfalls. Die Einstufung der "unbefristeten Häftlinge" hatte Anfang 2010 eine Arbeitsgruppe vorgenommen, die angesichts des Versprechens von US-Präsident Barack Obama, Guantánamo schnell zu schließen, eingesetzt worden war.

Das Pentagon gab nun die Namen aller verbliebenen 166 Guantánamo-Häftlinge heraus. Erreicht hatten dies die New York Times und The Miami Herald mit Anträgen, in denen sie sich auf den Freedom of Information Act beriefen.

"Begrüßenswert, wenn auch längst überfällig"

Gegen 34 Häftlinge könnte den Angaben zufolge ein Gerichtsverfahren angestrengt werden. Zu ihnen zählt der mutmaßliche Chefplaner der Terroranschläge vom 11. September 2001, Khalid Sheikh Mohammed. Er erschien am Montag mit vier weiteren mutmaßlichen Drahtziehern zu einer Anhörung vor einem Sondergericht des US-Militärs in Guantánamo. Die Menschenrechtsgruppe Human Rights First erklärte, die Enthüllungen seien "begrüßenswert, wenn auch längst überfällig".

Das US-Außenministerium ernannte unterdessen den Juristen Cliff Sloan zum neuen Beauftragten für die Schließung des Straflagers. Der Posten war mehrere Monate lang unbesetzt gewesen. Die Neubesetzung zeige das Engagement der Regierung für die Schließung von Guantánamo, sagte Ministeriumssprecherin Jennifer Psaki.

Obama hatte Ende Mai versprochen, einen neuen Anlauf für eine Auflösung des Lagers zu unternehmen. Sein Vorgänger Georg W. Bush hatte das Gefängnis für Terrorverdächtige nach den Anschlägen von 9/11 auf einer US-Militärbasis auf Kuba eingerichtet. Menschenrechtsgruppen prangern an, dass die Insassen in Guantánamo ohne rechtsstaatlichen Schutz festgehalten werden. Bislang scheiterten Obamas Versuche, das Lager zu schließen, am Widerstand aus dem Kongress. Vor vier Monaten begann in dem Gefangenenlager ein Hungerstreik, an dem sich mittlerweile 104 Häftlinge beteiligen.

Obama will unter anderem die Überstellung von jemenitischen Häftlingen in ihr Heimatland wieder erlauben, die vor mehreren Jahren aus Sicherheitsgründen gestoppt worden war. Außerdem beauftragte er das Pentagon mit der Suche nach einem Standort in den USA, an den die Militärprozesse gegen mutmaßliche Terroristen verlegt werden könnten.

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