Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine:Moskau hat aus Sawtschenko eine Volksheldin gemacht

Die ukrainische Militärpilotin erfährt Solidarität rund um den Globus. Ihre Freilassung ist vor allem für Präsident Poroschenko ein Triumph.

Kommentar von Julian Hans, Moskau

Den Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine übertrug der liberale Moskauer Internet-Sender "Doschd" mit einem geteilten Bildschirm: Links war die Ankunft der Russen Jewgenij Jerofejew und Alexander Alexandrow auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo zu sehen. Ein Kiewer Gericht hatte sie als Spione des Militärgeheimdienstes GRU verurteilt. Rechts die Ankunft der ukrainischen Militärpilotin Nadija Sawtschenko in Kiew, verurteilt in Russland wegen Beihilfe zum Mord an zwei russischen Journalisten im Donbass.

Auf dem Kiewer Flughafen Borispol stürmte eine Menge von Reportern und Unterstützern das Rollfeld. Gleich darauf empfing sie Präsident Petro Poroschenko. So werden Helden gefeiert. Auf dem Moskauer Flughafen nahmen nur die Frauen der beiden Geheimdienstler ihre Männer in Empfang. Im Kommentar des staatlichen Fernsehens hieß es knapp, Jeworfejew und Alexandrow wären als Freiwillige in der Ukraine gewesen. Wie unter russischen Militärangehörigen Brauch, sollen sie sich rechtzeitig vom Dienst abgemeldet haben, bevor sie in den Krieg gegen das Nachbarland zogen. Heimkehrer aus einem verleugneten Krieg können auch nur verschämt empfangen werden.

Dass der Austausch stattgefunden hat, ist ein gutes Signal aber nicht mehr. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass es zur Vertrauensbildung beitrage "und damit auch dem Minsk-Prozess positive Impulse verleihen kann".

Was hat die Operation Sawtschenko Russland eigentlich gebracht?

Für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ist Sawtschenkos Heimkehr ein Triumph. Dass er ihm ausreichend Auftrieb geben wird, um die in Minsk Vereinbarte Verfassungsänderung und die Kommunalwahlen im Donbass durchzusetzen, muss man bezweifeln. Zumal auch die Pilotin selbst für eine kompromisslose Haltung steht und noch auf dem Rollfeld ankündigte, wieder in den Kampf ziehen zu wollen. Derweil hält Russland noch mehr als zwei Dutzend Ukrainer nach ähnlichen Verfahren gefangen, der bekannteste ist der auf der Krim geborene Regisseur Oleg Senzow .

Gehörte Selbstkritik zum Repertoire der russischen Führung, müsste sie sich jetzt der Frage stellen, was die Operation Sawtschenko Russland eigentlich gebracht hat. Erst ihre Verschleppung aus der Ukraine, dann der Schauprozess, dann das Hin- und Her um ihren Austausch auf höchster diplomatischer Ebene. In zwei Jahren hat Moskau aus einer Ukrainerin mit nationalistischen Überzeugungen eine Volksheldin gemacht, die dazu noch Solidarität rund um den Globus erfährt. Um sie am Ende gegen zwei blasse Geheimdienstler auszutauschen, die man andernfalls sicher auch so geräuschlos wieder rausbekommen hätte, wie man sie reingebracht hat.

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