Geert Wilders vor Gericht:Kurzer Prozess

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Kaum hat der Volksverhetzungsprozess gegen Geert Wilders begonnen, wird er wieder unterbrochen: Die Verteidigung des umstritteten Islamkritikers wirft den Richtern Befangenheit vor.

Nach nur gut einer Stunde ist der Prozess wegen Volksverhetzung gegen den Islamgegner Geert Wilders unterbrochen worden. Befangenheit lautet der Vorwurf der Verteidigung. Den Anwälten des rechtspopulistischen Politikers zufolge sei das Gericht dem Angeklagten gegenüber voreingenommen. Eine Sonderkammer soll den Vorwurf nun prüfen.

Am Wochenende versetzte der niederländische Islamgegner Geert Wilders Berlin in Aufregung, jetzt steht er in Amsterdam vor Gericht. Vorwurf: Volksverhetzung. (Foto: dpa)

Wilders hatte sich zum Prozessauftakt ungewohnt leise gegeben. Nachdem er noch am Morgen zum Gegenangriff per Twitter angesetzt und sich selbst zum Märtyrer der Meinungsfreiheit stilisiert hatte, berief sich der Angeklagte im Gerichtssaal überraschend auf sein Schweigerecht. In dem Prozess muss das Amsterdamer Amtsgericht über den Vorwurf der Volksverhetzung befinden. Die Anklage wirft Wilders Aufstachelung zum Hass gegen Anhänger des Islam und zum Rassenhass gegen Marokkaner und andere nicht-westliche Ausländer vor.

Den Antrag auf Prozessunterbrechung begründete Wilders' Anwalt Bram Moszkowicz mit einer Bemerkung von Richter Moors kurz nach Eröffnung des Prozesses. Als Wilders sich auf sein Schweigerecht berief, sagte der Richter, es sehe so aus, als wolle Wilders einmal mehr der Diskussion über seine Behauptungen über den Islam aus dem Weg gehen. Der Verteidiger sagte, der Richter hätte Wilders' Entscheidung, von seinem "elementaren" Schweigerecht Gebrauch zu machen, in keiner Weise kommentieren dürfen.

Zuvor hatte der Angeklagte erklärt, er habe seiner Meinung nach nichts anderes als die Wahrheit gesagt: "Ich habe alles gesagt, was ich gesagt habe und ich nehme davon kein Wort zurück, was aber nicht heißt, dass ich alles gesagt habe, was mir zugeschrieben wurde." Fortan werde er in dem Prozess schweigen und seinen Anwalt Moszkowicz reden lassen.

Am Morgen hatte er sich noch wenig schweigsam gezeigt: Die niederländische Justiz führe einen "politischen Prozess" gegen ihn, verkündete er per Twitter. "Mit mir steht die Freiheit der Meinungsäußerung von mindestens 1,5 Millionen Menschen vor Gericht." Damit spielte er auf die etwa 1,5 Millionen Wähler an, die im Juni seine Partei für Freiheit (PVV) gewählt und damit zur drittstärksten politischen Kraft des Landes gemacht hatten.

Dieser Wahlsieg sorgt für zusätzliche Brisanz bei dem Prozess gegen den Parteivorsitzenden: Die niederländischen Christdemokraten (CDA) haben beschlossen, ihre Minderheitsregierung von der PVV dulden zu lassen. Will das christliberale Bündnis aus CDA und VVD regieren, ist sie auf eine wenigstens passive Unterstützung von Seiten Wilders' PVV angewiesen. Die Machtposition des umstrittenen Rechstpopulisten, der seit der Gründung der PVV vor vier Jahren stetig wachsende Zustimmung erfährt, wird damit weiter gestärkt.

Seine islamfeindliche Haltung bekräftigt Wilders immer wieder mit provokanten Äußerungen bei öffentlichen Auftritten. "Auch Deutschland braucht eine politische Bewegung, die die nationale Identität des Landes verteidigt und sich der Islamisierung entgegenstellt", sagte der Rechtspopulist zuletzt bei einer Rede am Samstag vor 500 Menschen in Berlin.

In dem Prozess in Amsterdam muss sich der Politiker für Interviews und Reden verantworten, in denen er den Islam eine faschistische Ideologie nannte und den Koran als "Mein Kampf" für Muslime bezeichnete. So schrieb Wilders 2007 zum Beispiel in einem Leserbrief an die niederländische Zeitung de Volkskrant: "Der Kern des Problems ist der faschistische Islam, die kranke Ideologie von Allah und Mohammed, wie sie in dem islamistischen 'Mein Kampf' niedergelegt ist." Der Politiker forderte ein Verbot des Korans: "Ich habe genug von dem Koran in den Niederlanden: Verbietet das faschistische Buch. Genug ist genug", endete der Brief. In dem Prozess soll zudem sein anti-islamischen Propagandafilm Fitna zur Sprache kommen .

Wilders' Verteidiger Moszkowicz kündigte an, Gutachten von Islam-Sachverständigen in das Verfahren einzubringen. Sie sollen die islamkritische Haltung des Angeklagten rechtfertigen.Im Falle einer Verurteilung drohen dem 47-Jährigen bis zu 16 Monate Gefängnis sowie eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro. Das Urteil wird am 4. November erwartet.

Das Gremium, das sich mit dem Befangenheits-Vorwurf befasst, soll noch im Laufe des ersten Prozesstags zusammentreten. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, und wann die Verhandlung fortgesetzt werden soll, blieb zunächst noch offen.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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