Gazastreifen:Israel bereitet Bodenoffensive vor

Nach der Verschleppung eines israelischen Soldaten durch militante Palästinenser droht die Gewalt in Nahost zu eskalieren. Israelische Streitkräfte haben den Gazastreifen komplett abgeriegelt. Die Palästinenser treffen Verteidigungsmaßnahmen.

Um für eine Bodenoffensive vorbereitet zu sein, hat die israelische Armee am Rande des Gazastreifens Truppen aufmarschieren lassen und das Gebiet komplett abgeriegelt.

Israelische Panzer beziehen Stellung am Rande des Gaza-Streifens

Israelische Panzer beziehen Stellung am Rande des Gaza-Streifens.

(Foto: Foto: dpa)

Eine israelische Militärsprecherin bestätigte, alle Übergänge in das autonome Palästinensergebiet am Mittelmeer seien vollständig geschlossen. Es gebe auch keine Ausnahmen für humanitäre Fälle und die Einfuhr von Medikamenten.

Israel drohte gleichzeitig Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit dem Abbruch der Beziehungen, sollte der entführte 19-jährige Gilad Schalit nicht freikommen.

Der Soldat war bei einem Überfall militanter Palästinenser auf einen israelischen Grenzposten südlich des Gazastreifens verletzt und verschleppt worden, zwei Soldaten wurden getötet.

Der israelische Armeesender meldete, die Familie des Soldaten sei informiert worden, dass er eine Schussverletzung im Bauch und einen gebrochenen Arm habe.

"Kein Problem damit, in den Gazastreifen einzumarschieren"

Der israelische Infrastrukturminister Benjamin Ben Elieser warnte die Palästinenser vor weiteren Eskalationen.

"Wenn man einmal mit Geiselnahmen anfängt, dann hat Israel kein Problem damit, in den Gazastreifen einzumarschieren und die Hälfte der palästinensichen Regierung zu entführen", sagte er im Militärrundfunk.

Während Palästinenserpräsident Abbas eine große Suchaktion nach dem israelischen Soldaten im Gazastreifen angeordnet hat, bereiten sich militante Palästinenser auf einen möglichen Angriff der Israelis vor.

Wie in Gaza mitgeteilt wurde, forderte Abbas Ministerpräsident Ismail Hanija, Innenminister Said Siam und die Leiter der Sicherheitskräfte auf, unverzüglich eine "ernsthafte Suche" nach dem Soldaten einzuleiten, "um ihn zu befreien".

Ein Sprecher der Hamas, die in den Palästinensergebieten regiert, warnte Israel jedoch. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri sagte in Gaza, auf jede Gewalt werde Gewalt folgen. Vier Raketen wurden bereits auf israelisches Gebiet abgefeuert. Nach Militärangaben wurden durch zwei der Geschosse in der Stadt Sderot vier Menschen verletzt. Zeitweise sei der Strom in einigen Stadtteilen ausgefallen.

Einen Tag nach der Entführung Schalits stellten drei militante Palästinensergruppen Vorbedingungen für Verhandlungen.

Um Informationen über den Soldaten zu erhalten, müsse Israel zunächst inhaftierte palästinensische Jugendliche und Frauen freilassen, forderten der militärische Flügel der radikal-islamischen Hamas, die Volkswiderstandskomitees und die Gruppe "Islamische Armee" in Gaza.

Olmert: "Wir werden jeden überall finden - niemand ist immun"

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert schloss einen Häftlingsaustausch aus.

Er sagte vor Journalisten in Jerusalem, er habe die Armee angewiesen, sich auf einen "langen und andauernden Militäreinsatz" vorzubereiten. "Wir werden jeden überall finden - niemand ist immun", sagte er.

Ein Sprecher der Gruppierung "Islamische Armee" sagte vor Journalisten in Gaza, der Soldat werde "nicht als Geschenk an die Europäer oder Araber" übergeben.

"Wir haben lange Nächte damit verbracht, eine solche Operation vorzubereiten, wir werden ihn deshalb nicht einfach als Geschenk freilassen, während unsere Gefangenen und die Leichen unserer Märtyrer in Israel sind", sagte der Sprecher namens Abu Muthana.

In israelischen Gefängnissen sitzen mehr als 8000 palästinensische Häftlinge. Ein Armeesprecher bestätigte am Montag die israelischen Truppenbewegungen am Rande des Gazastreifens. Gegenwärtig handele es sich um "allgemeine Vorbereitungen".

"Abbas hat die Autorität, um die Situation zu lösen"

Die drohende Eskalation in Nahost nach der Entführung eines israelischen Soldaten hat international Besorgnis ausgelöst.

UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte an Israelis und Palästinenser, in diesem "ernsten Augenblick" alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Zuspitzung zu vermeiden, sagte Annans Sprecher. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice rief Israelis und Palästinenser zur Ruhe auf.

Die Diplomatie müsse eine Chance bekommen, sagte Rice auf einer Reise nach Pakistan. Die Lage müsse unbedingt beruhigt werden und dürfe nicht eskalieren.

Der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman forderte die internationale Gemeinschaft auf, ebenfalls Druck auf Abbas auszuüben.

"Wir wissen, dass Abbas die Autorität, die Informationen und die militärische Fähigkeit hat, diese Situation zu lösen", sagte Gillerman in Tel Aviv. "Wenn sich die Situation zuspitzt und Abbas erneut beweist, dass er machtlos ist, wird sich die Lage verschlechtern und für die ganze Region trostlos werden."

Die Bundesregierung verurteilte die Entführung des Soldaten mit aller Schärfe. "Es handelt sich dabei um einen von langer Hand vorbereiteten hinterhältigen Anschlag", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Die Bundesregierung forderte die Entführer auf, Schalit umgehend frei zu lassen.

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